Letztes Wochenende hörte ich zu meinem Erstaunen im Radio, dass das Radio am 29.10.2023 genau 100 Jahre alt ist. Um genau zu sein: es gab die erste offizielle deutsche Rundfunksendung. Wie bekannt höre ich am liebsten WDR5 und es gab sehr viele Erinnerungen. Ich denke, jede hat schon mal die alten Radiosendungen aus den 30er und 40er Jahren gehört oder eine Dokumentation dazu gesehen.
Meine Erinnerungen sind da deutlich neuer. Ich bin aufgewachsen mit SWF3 (Rheinland eben). Und Sonntagabend eine Oper auf SWF2, dem Klassiksender. Meine Mutter hat damals in den 70ern und 80ern immer die Hörzu gekauft und es gab diverse Seiten mit den Radiosendungen.
Woran ich mich auch noch genau erinnere ist mein gelber Radiorekorder von Quelle. Kassetten waren ein wertvolles Gut und wurden zigmal überspielt. Dann saß man davor und versuchte die letzten Hits möglichst ohne An- und Abmoderation aufzunehmen. Schwieriges Unterfangen, irgendwie war man immer zu spät am Anfang.
Als ich dann 1985 nach Dortmund gezogen bin, war es vorbei mit SWF3 – stattdessen WDR1. Fand ich eher mäßig, es gab eigentlich nur zwei richtig gute Sendungen: Graffiti am Dienstagabend und Alan Bangs, der später 1995 so unrühmlich abgesetzt wurde. Bei Graffiti gab es all die Musik, die ich mochte: Punk, New Wave, Independent. Tatsächlich habe ich mir dann auch mühselig ein Doppeltapedeck erspart. Radiosendung komplett aufnehmen und dann später die besten Sachen zusammenschneiden. Größte Herausforderung war es, überhaupt die Namen der Bands und die Titel zu verstehen. Ich habe tatsächlich noch drei alte Mixtapes aufbewahrt, habe zwar schon lange kein Tapedeck mehr, aber ich konnte mich nicht überwinden, sie zu entsorgen.
Beim Stichwort Tapedeck fällt mir noch etwas anderes ein. Es gab in den 80ern zwei Musik-Sehnsuchtsobjekte von mir. Natürlich die Braun Atelier Anlage in dem phantastischen Design von Dieter Rams. Und das Tapedeck von Nakamichi, bei dem die Kassette tatsächlich umgedreht wurde. Vielleicht erinnert sich noch jemand an die Szene in “9 1/2 Wochen”?
Ach ja, die 80er waren schon gut. Andererseits… ohne digitale Revolution würdet ihr das hier nicht lesen.
Habt ihr auch Radioerinnerungen?
6 Kommentare
Kommentieren →Liebe Irit,
es war eine tolle Zeit. Und Radio sowie selbsraufgenommene Tapes und die Wünsche zu den Geräten, bin ich ganz bei dir.
SWR3-das Radio für den wilden Süden, schön war die Zeit, die Musik sowieso. Ich habe neulich so gedacht, irgendwie waren wir wesentlich toleranter, die Musikvideos aus den 80ern (also Wave, Punk…) da war doch alles divers – und es war so völlig normal, es war halt einfach so. Wir waren nicht woke aber einfach tolerant und respektvoll im Umgang untereinander. Oder ich hatte zumindest ein sehr weltoffenes Umfeld.
Es ist auch toll, dass wir deinen Blog lesen können, also nicht gegen Digitalisierung. Wir wissen aber auch, dass so was wie dein Blog noch etwas Besonderes ist in der ganzen Welt voll Respektlosigkeit und Hass.
Schönes Wochenende
Daniela
Wir hatten noch ganz alte Radios aus Holz und der Lautsprecher war mit hellem Stoff überzogen und unten eine Reihe von Tasten die man drücken konnte. Ich glaube das war dann UKW und LW und was es noch alles gab.
Einer dieser Möbelstücke stand auf meinem Nachtkästchen und nahm fast die ganze Fläche ein.
Am Mittwoch Abend gab es immer auf SWF1 (?) Vom Telefon zum Mikrofon. Da konnten Zuhörer*innen anrufen und sich ein Lied wünschen.
So hörte ich auch Ruf Teddybär 1-4 🙂 .
Etwas später hatte ich dann ein moderneres Radio und auch einen Kassettenplayer und ja, es nervte auch mich tierisch beim Aufnehmen, wenn die Moderation zu früh anfing.
SWF3 war lange mein Lieblingssender und am Sonntag (?) kamen immer die Charts. Die Freude am SWF3 verflog aber, als sie regelmässig Modern Talking spielten. Für mich damals schon ein absolutes no go. Ich stand eher auf Rockmusik oder halt gute Popmusik aus GB.
Auch habe ich regelmässig kleine Heftchen mit Songtexten gekauft, das kam alle paar Wochen heraus.
Die Songs aus den 80-ern höre ich auch heute noch gerne.
Ich höre fast keine Musik mehr von früher – hab ich mir damals sattgehört. Heute ab und zu mal eine Stunde ist okay, aber ich bin eigentlich total im Heute damit.
Ich habe geliebt, Radio beim Laufen der Parkrunden zu hören. Weswegen ich aufgehört habe, waren die Anrufe bei Leuten, die mich endlos genervt haben und die Gespräche zwischen den Moderatoren. Gut war halt, immer mal wieder was Neues zu hören. Das mach ich jetzt, wenn ich TikTok oder Instagram besuche und mir gefällt, womit manche Clips unterlegt sind. Das ist dann meine heutige Entsprechung.
Ich denke gern an früher zurück, bedauere aber die Entwicklung nicht b
Das b ist zuviel. 😀
Ich habe auf WDR 5 auch das Zeitzeichen zu 100 Jahren deutscher Radiogeschichte gehört und mich sehr abgeholt gefühlt. Bin ein Radio-Kind, gefühlt lieft im Hintergrund meiner Kindheit immer WDR 2. Deswegen kann ich ungefähr alle 80er-Hits mitsingen, ohne Interpreten oder Titel zu kennen.
Ich höre bis heute gerne Radio, eigentlich immer WDR. Bis auf ein paar Jahre in Sachsen-Anhalt, da gab es nur MDR und ein paar Lokalsender, die fand ich alle miteinander furchtbar. Außer dass aus unerfindlichen Gründen jeden Tag mindestens einmal Die Ärzte gespielt wurden, das war irgendwie lustig.
Ich merke, wie sich mein Radiogeschmack verändert, war 1Live-Hörerin der ersten Stunde, sehr viel später erst WDR 5 (am liebsten auf längeren Autofahrten).
Ich mag die viele tollen Aspekte von Digitalisierung, aber wenn ich das Radio anmache, fühle ich mich auf eine sehr schöne Art mit der Welt verbunden.
Danke fürs Erinnern, Irit.
Ich höre Radio fast nur im Auto. Bin meist Kurzstrecken unterwegs, auch spät abends, nachts. ORF, Sender Ö1, lebe In Österreich.
Das Gesprochene Wort. 10, 15 min….
I caught a glimpse.
Ich schätze diese Inspirationen des Informations- und Kultursenders ORF Ö1 total.
Alles nachhörbar online, 7 Tage, bald auch länger.
kulturpur