Wer erinnert sich noch an die Rede von Angela Merkel zu Corona (Link zu Youtube)?
Derzeit ist es ja sehr in Mode, nochmal über die diversen Coronamaßnahmen zu reflektieren. Natürlich weiß man es hinterher immer viel besser. Ja, klar.
Ich habe darüber nachgedacht, was wir aus der Zeit ab Ende Januar 2020 bis Oktober 2022 in Erinnerung geblieben ist.
Hinweis: hier soll es nicht um die teils massiven Folgen wirtschaftlicher Art oder gar für Leib und Leben gehen – es sind nur Erinnerungen von mir.
Es gab schon Anfang Februar bei den ersten Fällen in München Diskussionen, wer noch nach München anreist und wer nicht. Ich fand das etwas übertrieben bei dann insgesamt 16 Infizierten. Ich war noch Karneval feiern mit dem tollen Mann.
Und dann kam es knüppeldick. Am 16.3.20 wurden bei uns (zur Freude meiner Töchter) die Schulen geschlossen. Verlängerte Osterferien. Mir graute es wegen des Lockdowns eine Woche später. Man hat es schon fast vergessen, aber außer den Lebensmittelgeschäften u.ä. war wirklich alles geschlossen. Ich erinnere mich noch, dass wir irgendwann im späteren Frühjahr auf dem Parkplatz bei Ikea eine Bestellung abgeholt haben. Goldene Zeiten für Onlineshops – wenn dann die Sachen verfügbar waren. Die Beyers hatten praktisch kein einziges Produkt mehr.
Stichwort Toilettenpapier. Leere Regale. Keine Nudeln, keine Dosen, kein Mehl, keine Hefe und so weiter. Ich dachte damals, dass es eine unwirkliche Situation ist. Die kam dann wieder und ich zehre immer noch an meinen Vorräten an Bio-Sonnenblumenöl aus dem letzten Frühjahr. Da ist es wohl schwierig dazu zu lernen.
Aber weiter mit den Erinnerungen. Anfang Juni 20 wieder nach München und der Schock des leeren Flughafens (Link).
Die Kinder quälten sich durch Onlineunterricht, massive Unterrichtsausfälle, froren im Klassenzimmer, kaum Treffen mit Freunden und ich bin bis heute froh über unsere großzügige Wohnsituation. Wie das große Kind in diesen Zeiten die 1,0 im Abi geschafft hat, ist mir schleierhaft. Wobei die Unterrichtsausfälle aktuell auch nicht toll sind. Ich finde es nach wie vor nicht in Ordnung, dass alte Menschen vor junge Menschen gehen – bestes Beispiel Hilfe zu Energiepreisen. Die Kinder und jungen Leute mussten und müssen alles ausbaden, das ist nicht gerecht.
Der tolle Mann hatte Corona, eher moderat und ohne Nachwirkungen.
Der 60.te Geburtstag des tollen Manns mit einer damals streng verbotenen Party, es war so schön, wieder Leute zu treffen, Bier zu trinken und einfach mal Spaß zu haben.
Und dann endlich die Impfungen. Meine Mutter und Friedel gescheucht, dass sie sich anmelden und dann hatten sie sie endlich. Wir haben uns in der Zeit kaum gesehen. Und dann hatten wir auch endlich eine.
Eine unwirkliche Abiturfeier mit Maske draußen im alten Westfalenstadion, es waren über 30 Grad und es durften nur zwei Personen pro Abikind kommen.
Und noch ein Lockdown und diese Ostergeschichte – wann war die noch? 21? Diese ewige Testerei. Und Tanzunterricht per Zoom, ein Horror. Aber dann doch besser als nichts.
Am schlimmsten fand ich, dass ich meine Mutter Ende 21 nicht im Krankenhaus besuchen konnte, dafür haben wir dann zwei- oder dreimal am Tag telefoniert. Ich mag mir nicht vorstellen, wie es für all die Menschen war, die einen geliebten Menschen nicht besuchen oder verabschieden konnten. Zumindest das ging dann im Januar 22.
Mir kommt es so vor, als wäre das alles schon sehr lange her. Alles wieder normal in Sachen Corona, was zeitweise unvorstellbar war. Dafür haben wir direkt im Anschluss andere Sorgen bekommen: der Krieg in der Ukraine, Energiepreise, Inflation. ich finde, wir haben mal eine kleine Atempause verdient.
An was erinnert ihr euch?
PS: meine große Tochter hatte fast unbemerkt im Mai 22 Corona, hätte sie nicht vor einer Prüfung einen Test machen müssen, hätten wir es nicht mitbekommen. Null Symptome und sehr niedrige Virenlast. Meine kleine Tochter und ich hatten bis heute nichts.
16 Kommentare
Guten Morgen,
hängengeblieben dieses Gefühl der Unwirklichkeit und in einem Film zu sein. Ich hatte prophylaktisch so eine Art Passierschein, um zur Arbeit zu kommen. Und vor kurzem waren wir im Centro und ich fragte meinen Mann, ob er es auch so unwirklich empfindet, dass es vor gar nicht so langer Zeit komplett geschlossen war. Und ich weiß noch, dass ich Angst hatte, dass es nie wieder normal wird bzw. das Leben, das ich kannte und hatte, vorbei ist und es ein neues Normal gibt. Ich fragte mich, ob wir jemals wieder ganze Gesichter sehen und umarmen können. Ich bin immer empfindlicher geworden (zum Schluss hätte ich am liebsten jedem, der von Millionen von Asiaten tragen schon immer Maske und wie toll es ist, dass man keine Erkältungen mehr hat quakte, mit dem Popo in’s Gesicht gesprungen). Und die ständige Angst, dass einem meiner Lieben was passieren könnte. Und ich nicht da sein könnte (wie Du schon beschrieben hast)
Unwirklich, das wird mir in Erinnerung bleiben.
Ich muss dazu sagen, wir leben in einem großen Haus mit großem Garten, relativ abseits, der Pool war aufgestellt und die meiste Zeit konnte ich die Ruhe abseits vom Kopfgeschehen sehr genießen und mir ist sehr bewusst, wie privilegiert wir damit sind. Und dann hat es mich und meine damals Noch, jetzt Exkollegin so zusammen geschweißt oder mehr, ich weiß es gar nicht mehr, dass sie jetzt einer meiner wichtigsten Freunde ist.
Gefühlt war ich in einer Bubble und irgendwie war sie so ruhig und komfortabel, dass ich – glaube ich – zumindest mit dem halben Körper noch immer drin bin und auch nicht rauswill.
Mein Zeitgefühl für Jahre ist noch immer sehr gestört ( rudimentäre Fixpunkte sind muss vor oder während Corona gewesen sein) und zur Einkaufssituation hat Hennes Bender die nationalen Unterschiede auf den Punkt gebracht: die Franzosen saufen und poppen (Rotwein und Kondome Mangelware), die Deutschen backen und kacken 😀
Guten Morgen Irit, oh weh, diese Zeit war einfach nur schrecklich. Alle 4 Kinder waren plötzlich den ganzen Tag zu Hause. 2 Schulkinder, 1 Kindergartenkind und meine Tochter die während des 1. lockdowns einfach gekündigt wurde. Sie hatte damals einen schweren migräneanfall, hat sich die ganze Nacht übergeben, dann trat plötzlich eine halbseitige Lähmung ein und sie sah nur mehr Blitze. Ich habe damals die Rettung gerufen weil ich Angst hatte, sie hat einen Schlaganfall oder so. Die Rettung nahm sie nicht mit, mit der Begründung, sie wissen nicht wieviele Covid Patienten ein Bett brauchen. Ich habe damals im Krankenhaus angerufen, der Oberarzt erklärte mir, ist sicher nur ein Magen Darm Virus. Nach langem Streit, hat sie dann der 3. Rettungswagen mitgenommen. Damals wussten wir ja nicht, dass es „nur“ Migräne war. Der Anfall hielt 2 Wochen an und ihre Chefin hat sie daraufhin gekündigt.
Am schlimmsten war, immer wieder die Schließungen vom kindergarten. 9 mal hintereinander wurden die Kinder in Quarantäne geschickt. Jedes Mal fei testen, damit sie wieder hin gehen konnte. Mit meinen Sohn aus der Grundschule bin ich teilweise bis zu 8 Stunden am Tag bei den Hausaufgaben gesessen. Ich hätte am liebsten nur geheult. Meine Eltern haben mir damals auch sehr leid getan. Sie waren so einsam und ich so überfordert. Wir hatten alle 2 mal Covid, das erste mal recht heftig, beim 2. mal letztes Jahr nicht mehr so schlimm. Alles in allen eine richtig doofe Zeit
Liebe Grüße
Natascha
Es waren schlimme Zeiten, die ich nicht noch einmal erleben möchte, aber es ist Vergangenheit und abgehakt. Ich schaue nach vorne und denke positiv 🙂
Und Hut ab, deine Tochter kann sehr stolz auf sich sein, trotz der widrigen Umstände, einen überragend guten Schulabschluss geschafft zu haben 👍
Wir haben uns heute morgen auch darüber unterhalten und das Gefühl, dass es in der Gesellschaft einen Zusammenhalt gab, bis die einzelnen Bundesländer (Land der Küchenbauer, kicher) begannen, unterschiedlich zu öffen und wie erstaunt ich danach über diese riesige Querdenkerdemontration in Stuttgart war – mit über 10.000 Leuten. Heute versuche ich das neu einzuordnen.
Ich denke 2-3 Jahre Angst um die (alle) Liebsten ist eine Erfahrung, die keiner von uns je hatte. So muss es im Krieg sein.
Die einen sehen ihrer Angst ins Auge, die anderen denken, wird schon alles gut gehen und ist kein Problem und der unterschiedliche Umgang mit Angst und dem, wie die Politik damit umging, entzweite Familien, Freudeskreise, Arbeitskollegen. So eine Situation gab es vorher nie und es hat allen von uns, auf welchem Punkt man auch immer stand, extrem viel Kraft gekostet. Wir hatten nur wenig Zeit, bis Ukrainekrieg und Energiekrise neue, andere Ängste schürten.
Wir haben alle extrem viel durchgemacht, die Kräfte sind noch lange nicht wieder regeneriert, und wir finden es jetzt normal, weil man in Krisenzeiten einfach durchkommen muss, war es aber nicht. Das war eine langanhaltende Situation, wie sie beispiellos war. Ich habe 4 Menschen durch Corona verloren und hatte eine Beerdigung mit nur den nächsten 6 Angehörigen, die den Sarg in Schutzanzügen heraus brachten.
Ich war ein halbes Jahr ins Gesundheitsamt abgestellt und habe schwere Fälle genesen sehen, aber auch ganz leichte sterben und hab die Leute betrauert, auch wenn ich nur mit ihnen telefoniert hatte. Das hat was mit mir gemacht.
Ich habe schlagartig erstmal locker lassen können, als es die Impfung gab, auch wenn sie frühe Erwartungen nicht erfüllte.
Die Zeit im Gesundheitsamt wird immer wertvoller mit der Zeit, weil 1000 Leute zu beobachten ganz anders ausgeht als den eigenen Bekanntenkreis, der sich mitunter ganz andes verhielt.
Wir haben Leute zurückgelassen, die anders denken, weil man mit echten oder verdrängten Ängsten nicht mehr Verständnis bekam, wie das in einem persönlichem Krisenfall wohl immer gewesen wäre. Ich denke gerade viel darüber nach, das einzuordnen, insgesamt. Wir haben als Gesellschaft die Alten, die Kinder, die Mütter unser Gesundheits- und Pflegepersonal usw. sichtbar allein gelassen. Ich sehe die Gesellschaft anders als vorher und wünschte, ich würde das nicht.
Mein Mann und ich leben ohnehin sehr zurückgezogen, das hat sich durch die OPandemie noch einmal verstärkt. Wir haben sozusagen unseren gewohnten Lebensstil nur weiter intensiviert, dadurch hatte ich das Gefühl, mich überhaupt nicht einschränken zu müssen. Ich fühlte und fühle mich sehr privilegiert – wir sind kinderlos, ich arbeite nach wie vor überwiegend im Homeoffice, mein Mann ist Rentner. In unserer Familie hatte niemand Corona. Ich mag mir nicht vorstellen, was andere Menschen zu leiden hatten.
Am eindrücklichsten in Erinnerung geblieben sind mir die geisterhaft leeren Straßen während des ersten Lockdowns. Ich hatte damals einen Arzttermin in der nächsten Großstadt, und die Landstraßen und Autobahnen waren wie leergefegt. Das war schon surreal.
Meine Erinnerungen:
Leere Strassen und Städte, der grosse Abstand beim Spaziergang, die grosse Angst vor dem Ungewissen.
Privat ging es uns aber gut, wir leben ländlich in einer Urlaubsregion in der Schweiz, wo die Massnahmen nicht so streng waren. Wir konnten alle weiterarbeiten.
Beruflich gesehen war das meine allerschlimmste Zeit, da ich auf einer Intensivstation arbeite.
Was wir in dieser Zeit erlebt haben war unglaublich, das kann sich niemand vorstellen.
Aber wir hatten noch Glück im Unglück und waren materiell (als auf das Material bezogen) und personell meistens gut aufgestellt. Wir sind wirklich ein super Team.
Jetzt nach 3 Jahren sind mein Mann und ich zum ersten Mal an Corona erkrankt.
Ich freue mich, dass ich nach über 3 Wochen nun wieder einigermassen funktioniere.
Oh, mein Kind hat auch im ersten Coronajahr Abi gemacht.
Bei uns durfte überhaupt niemand mit zur Feier. Hsuptsache, der Bürgermeister und geladene Honorationen durften rein.
Es war der allertraurigste Tag für mich in diesen 3 Coronajahren.
Ansonsten hatte ich sehr viel mehr Arbeit und konnte es nicht mehr hören, diese Tips gegen Langeweile.
unser Abi war in 21, das nächste dann dieses Frühjahr und dann bin ich mit Schule durch. Jawohl!
Mein Nervensystem reagiert sehr empfindlich auf Angst — meine eigene und die anderer. Als ohnehin schon sehr introvertierter Mensch habe ich mich noch mehr zurückgezogen und meine Welt ist wirklich klein geworden. Sie Stück um Stück wieder auszudehnen, ist eine Endlosdiskussion mit meiner Komfortzone.
Als die ersten Nachrichten über eine neue Infektionskrankheit in China durch die Medien gingen wurde ich unruhig.
Es kam mir nicht weit weg vor, alles nur ein paar Flugstunden. Um mich zu beruhigen, fing ich an mich vorzubereiten. Echt schrullig, aber bevor der erste Fall in Deutschland auftauchte, war ich schon bereit für den Lockdown.
Ein vielfältiges Bild, bei dem ich so einiges wieder erkenne: das surreale Gefühl, die Risse in der Gesellschaft, der Rückzug auf den engsten Kreis.
Insgesamt mag ich die Gesellschaft nicht beurteilen, auch nicht den deutschen Föderalismus. Wir waren alle in relativer Panik, keiner wusste, wie es weitergeht. Was man allerdings aus diesem Gemütszustand macht, offenbart dann doch die Abgründe mancher Menschen. Rezept “einfache Lösung für komplexe Probleme”, was noch nie funktioniert hat. Oder wahlweise meckern ohne fundierten Verbesserungsvorschlag.
Dafür wie unvorhersehbar und surreal die Situation war, finde ich trotzdem, dass wir relativ gut durch diese Krise gekommen sind. Natürlich weiß man es im Nachhinein „besser“. Im Einzelnen nennt man das Lernen aus Erfahrung. Bei der Menschheit als Allgemeinbegriff scheint das ja nie zu finktionieren. Es ist immer einfacher vom Spielfeldrand reinzukrakeelen als selbst zu spielen.
Natürlich war es nicht einfach, aber bei uns steht viel Hilfe zur Verfügung, die medizinische Versorgung -ja,ja es steht nicht zum Besten mit dem Gesundheitssystem, aber wie wärs mit den USA, wer sichs nicht leisten kann, hustet sich halt zuhause zu Tode. Finanzieller Ausgleich für Jobverlust, Kurzarbeit. Bei anderen europäischen Nachbarn: Laden geschlossen, Mitarbeiter entlassen, Ausgleich vom Staat Fehlanzeige. Psychich belastet, einsam – auch da gibt es Hilfsangebote
Natürlich könnte es besser und perfekter sein, wir könnten aber auch in China leben, eingemauert und weggesperrt worden sein.
Nein, es war keine schöne Zeit. Viele Diskussionen auch im Freundeskreis, Gräben haben sich aufgetan, ein neuer Blick auf die Mitmenschen. Vieles wundert mich aber auch nicht, wie sagte schon Karl Valentin: der Mensch ist gut, die Leute sind schlecht.
Am meisten wundert es mich immer wieder, wie man sich an die absurdesten Situationen anpassen kann.
Hat die Menschheit daraus gelernt – also ich denke, nein.
ja, der Mensch ist anpassungsfähig – da kamen einem eine Menge Dinge fast schon normal vor. Und ich stimme dir zu, die Menschheit hat natürlich nichts gelernt. Wobei – ich finde, die jungen Leute ticken ganz anders, engagieren sich anders und machen viele Dinge besser. Vielleicht gab es ja doch einen Lerneffekt.
Zum Aspekt “die Menschheit hat nichts gelernt” habe ich gestern die ersten Folgen der Near-Future-Serie ‘Extrapolations” gesehen. Die erste ging noch. Nach der zweiten war ich todtraurig und maximal beschämt, ein Teil der “nichts lernenden Menschheit” zu sein. Ich weiß nicht, wann ein filmisches Werk mir jemals so zugesetzt hat. Viele Menschen werden auf diese scheinbar fiktive Welt im Jahr 2046 blicken — und NICHTS ändern.
Ach schade, die von dir genannte Serie Extrapolations klingt interessant, läuft aber leider nur bei Apple TV.
Muss ich mir merken, vielleicht läuft es auch mal woanders. Dnke für den Tipp 🙂
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Mein Dank an alle, die von ihren Erinnerungen und Gefühlen geschrieben haben – darum ging es mir.
Ich möchte diese ganze Impfdiskussion nicht wiederholen.