Irgendwie wird Minimalismus und der Trend zum Aufräumen oder eher gesagt Ausräumen immer präsenter. Gefühlt habe ich auf Bloglovin in den letzten vier Wochen etwas 50 Blogartikel zum Thema Aufräumen und – wie könnte es anders sein – über Marie Kondo gelesen.
Und seit neuestem gibt es sogar eine Netflixserie mit Marie Kondo.
Nochmal kurz von vorne.
Ich habe das Buch “Magic Cleaning” von Marie Kondo im Osterurlaub 2014 gelesen (siehe auch hier) und war damals noch nicht so richtig begeistert. Ich finde auch heute nicht alles gut, was die Frau so macht, aber im Vergleich zu damals (fast fünf Jahre her!) habe ich nur noch ungefähr 25% meiner Bücher – geht doch. Und auch ansonsten noch so einiges entsorgt, kürzlich die Restbestände meines Exmanns aus dem Keller.
Was mich nach wie vor begeistert ist die Idee des “festen Platzes”, jedes Teil bekommt einen festen Platz und man muss nicht mehr suchen. Außer der Platz ist neu… Ansonsten kann ich auf Anhieb sagen, wo was ist in meiner Wohnung und das mag ich sehr.
Dieses Bild ist fast genau drei Jahre alt und es sieht noch genauso aus – nur mit frisch überstrichener Wand und die Tulpen sind im Moment weiß (ich LIEBE Tulpen). Ich mag diese Konstante in meinem Leben, der Rest drumherum ist hektisch genug.
Aber zurück zu Marie Kondo. Meine Töchter und ich haben uns bisher die ersten Folgen angeschaut und ich muss sagen: schon erstaunlich, wie viel manche Leute anhäufen. Besonders beeindruckend fand ich den Kleider- und Weihnachtssachenberg in Folge 2. Wir werden uns auch noch die restlichen Folgen anschauen und mit Sicherheit noch das eine oder andere lernen, aber (ich weiß, ganz fieser Charakterzug) ich liebe es, in meine aufgeräumte Wohnung zu blicken und das Chaos anderer Leute anzuschauen. Wobei es natürlich so ist: wer sich im Chaos wohl fühlt, ist genau richtig dran. Blöd nur, wenn man so eigentlich nicht leben möchte.
Was ich im Dezember auch beim Anblick meiner Schminke und meiner Pflegevorräte dachte – also habe ich aussortiert, einige Leute glücklich gemacht und ein paar Sachen auch schlicht weggeworfen. Bei der nächsten Runde werde ich noch das Bedanken bei entsorgten Sachen einbauen, gibt irgendwie ein gutes Gefühl!
Die Serie kann ich auf jeden Fall empfehlen – wenn man sich fürs Aufräumen oder Minimalismus interessiert. Hat schon jemand geschaut?
9 Kommentare
Guten Morgen Irit,
ich liebe es Zuhause aufgeräumt!
Wie es bei anderen aussieht ist deren Sache, jeder nach seiner Fasson.
Die Serie werde ich mir angucken, vielen Dank für den Tip.
Mit besten Grüßen
Silvia
Ja, ich habe die Serie schon komplett angeschaut. Richtig mit dem Ausmisten angefangen habe ich vor einem knappen Jahr. Dummerweise habe ich noch große Umzugskartons voll mit Büchern im Keller stehen, an die 1000 Stück. Dummerweise deshalb, weil Sozialkaufhäuser seit der Netflix-Serie mit Artikeln überrannt werden und größtenteils nichts mehr annehmen. Wegwerfen könnte ich Bücher aber niemals. Keine Ahnung, was ich machen soll.
Dir ein schönes Wochenende!
Andrea
Hallo Andrea, das Problem hatte ich auch und eine Mehrfachstrategie gemacht. Zunächst habe ich mir mal bei Momox und Rebuy angeschaut, wie viel es gibt (das ist Arbeit, aber man kann mit dem Handy den Code einscannen). Alles, was mehr als 50 Cent oder 1 Euro einbrachte, habe ich verkauft. Und den Rest habe ich über Ebay Kleinanzeigen (die Science FIction, die ich doch nicht mochte) verschenkt. Außerdem habe ich eine Ikeatasche vor die Tür gestellt mit Schild “Zu verschenken” obendrüber – die waren immer ruckzuck weg.
Liebe Andrea,
eine schöne Idee wäre doch auch eine Spende an Krankenhäuser, Altenheime etc.? Habe ich vor einigen Monaten auch gemacht, das kam super an. So haben meine Bücher jetzt ein schönes zweites Zuhause.
Hallo Andrea,
frag doch mal bei deiner Pfarrbücherei nach,unsere ist immer über Nachschub dankbar.
Mir geht es genauso.
Ich halte ja Marie Kondo seit vielen Jahren auch für eine geniale Selbstvermarkterin („KonMari“-Methode). Sie ist gefühlt überall und ich hab gerade kurz einen Overload. Ich hab seit 20 Jahren annährend alle hier erschienenen Bücher zum Thema gelesen und finde sehr viele besser – für mich. Z.B. „Feng Shui gegen das Gerümpel des Alltags“ von Karen Kingston ist noch immer das, das sofort Energie dafür erzeugt. Ich kenne aber auch einige, die vor Jahren Kondo angefangen haben und die Falterei aufgegeben haben, aber sonst auch am Ball bleiben. Ich hab aus sehr vielen Büchern immer wieder neue Ansichten mitgenommen und als wir neulich mal wieder rituell ausmisten wollten, stellten wir fest, eigentlich kann fast nichts mehr weg, wir haben gerade wieder mal den Balancezustand, diesmal weil der Abfluss völlig automatisch immer mal nebenbei lief.
Mein Ziel war nie, nur mit Stuhl und Bett zu leben, aber ich wollte auch nicht inmitten von Sachen leben, die ich nicht mehr mochte oder brauchte.
Dem Gedanken, nur das Geliebte im Haus zu haben, kann ich allerdings total folgen, genauso hab ich das bei meiner ersten Wohnung nach meiner Trennung gemacht. Mir kamen nur schöne Sachen ins Haus und ich hab lieber komplett ohne gelebt als hier Kompromisse zu machen. Geschmack war zwischen meinem Ex und mir immer ein Riesenthema und ich war glücklich, hier gar keinen Kompromiss mehr machen zu müssen. Mit meinem neuen Mann liege ich hier auf einer Welle, wir könnten blind für den anderen und die Wohnung kaufen. Ich hab das damals immer als Lappalie gesehen und völlig unterschätzt, welche Lebensenergie mir verloren ging, die ich dann wieder hatte. Kondo hält was in der Hand und fragt: liebe ich es oder nicht? Das ist genau dieselbe Frage.
Auch wenn ich gerade etwas Kondo-genervt bin, hab ich das Gefühl, dass viele jetzt damit anfangen – und das kann ich nur gut finden.
Der Begriff „Aufräumen mit Marie Kondo“ finde ich auch irreführend. Eigentlich muss es Ausmisten heißen. Aufräumen ist erst die Folge. Ich hab lange nicht den Zusammenhang gesehen zwischen einer sehr vollen Wohnung und der Unlust, aufzuräumen. Klar, war ja alles voll und nirgends mehr Platz in den Schränken. Wollte man anfangen, lief man gegen eine Mauer, denn wohin? Auch Saubermachen wird sehr viel angenehmer, wenn alles frei und nicht belegt ist.
Ausmisten ist der Anfang von allem und ein ständiger Prozess, so lange man auch immer wieder was neu kauft. Aufräumen ist ein Klacks dagegen.
Ich gehöre nicht zu denen, für die Minimalismus Konsumverzicht ist, allerdings kaufe ich auch seitdem nichts mehr, nur weil es nett und im Sonderangebot ist.
Es muss richtig zu mir passen und mein Leben besser machen und dann gehen Sachen, bei denen das nicht mehr (!) so ist. Bei mir wandelt sich immer vieles und mein Umfeld ist passend und ändert sich. Aber der Gedanke des Minimalismus, das Überflüssige, Unschöne weg zu geben oder zu lassen, hat Auswirkungen auf alles andere im Leben. Ist das Treffen mit Person X schön oder routiniert? Esse ich, was mir gut tut oder nur was, weil es ausschießlich schnell geht und gewohnt ist?Verbringe ich meine Zeit und Gedanken mit Sachen, die mich aufbauen oder herunter ziehen? All sowas.
Die Serie will ich mir trotzdem angucken, vielleicht holt mich das auch mehr ab als die Bücher und ich behaupte danach das Gegenteil von Kondo. Letzlich ist alles toll, was einem und anderen hilft, ein freieres Leben zu führen. Aber für Minimalismus braucht man sehr langen Atem, bis er wirklich im Leben ist, man hat immer wieder Rückschläge und ein Fortschritt ist es, wenn die guten Zeiten länger werden und viel automatisch passiert. Mit einem Mal grundlegend ausmisten ist es nicht getan. Aber es ist ein Anfang. Von daher wünsche ich allen, die damit beginnen, wirklich viel Glück. Auch ich besuche lieber Wohnungen von Leuten, in denen nicht alles übervoll ist, sondern luftig und mit Raum auch für mich in der Zeit und nicht, dass ich noch mehr bin in einer Umgebung, die ohnehin zu voll ist. So ist es auch mit Sachen. Wäre ich ein paar Socken, würde ich gern dort wohnen? Kondo ist ja sehr spirituell, Wohnung und Sachen sind mir dir verbunden. Eine Erfahrung, die ich schon machte, bevor ich davon hörte und das natürlich gleich nachvollziehbar fand.
Es ist erstaunlich, wie wohl man sich bei Menschen fühlt, die so leben. Meine alte Großtante und unser Londoner Freund (als er dort noch lebte) waren für mich Initialzündung, auch einmal so leben zu können. Jetzt bin ich endlich (in groben Zügen :D) angekommen.
Was für ein schönes, leichtes Leben.
PS: auch ich finde ein schönes Grauen, wenn ich übervolle Wohnungen sehe und denke: gottseidank ist das bei mir nicht so. Es tut irgendwie gut, auch mal zu sehen, was man gar nicht will und bei mir früher auch so war. Für mich ist das auch ein Zeichen zu genießen, was ich schon geschafft habe und dass es auch kein Selbstläufer war. Dort hab ich früher gefühlt auch angefangen. 🙂
ich denke derzeit über den Unterschied zwischen Liebe zur Ordnung, Aufräumen, Ausmisten und Minimalismus nach. Ein Minimalist bin ich eigentlich nicht, ich habe es nur gerne aufgeräumt und ordentlich und mag keinen Ballast in meinem Leben. Werkele gerade an einem Beitrag darüber, der wächst aber noch
Liebe Irit,
Ich schätze, du neigst dazu, den Begriff eng auszulegen, wie es in Deutschland so häufig ist. Hier sind Minimalisten in der Vorstellung Leute, die aus dem Müll leben, nichts außer zum Überleben kaufen und nur auf einer Luftmatratze schlafen. 😀
Eigentlich bedeutet es einfaches Leben. Zum einfachen Leben gehört, seine Umwelt überschaubar zu halten und auf den Konsum zu verzichten, den du nicht brauchst, um glücklich zu sein. Das kann sein, sich nicht verführen zu lassen von Tchibo, Lidl, Amazon, bei Geschäftsbummeln usw. und sich sehr gut auszusuchen was man kauft bis alles Second Hand zu kaufen. Ziel ist, in einer Umgebung zu leben, die sich leicht wuppen lässt und die noch Raum lässt. Wer will, kann ganz clean leben, wer will, hat nur nicht mehr als er zum Glücklichsein braucht. Zum Glücklichsein kann aber schon eine gewisse Menge Konsum und nicht völliger Verzicht gehören.
Es gibt da zwei Philosophien: in unserem protestantischen Deutschland und Westen generell gefällt der Gedanke, bescheiden zu sein, der moralischere Mensch zu sein, die Umwelt nicht zu belasten usw. die andere östliche ist: zu viel Sachen machen einen unglücklich und sollten minimiert werden, bis man im Gleichklang ist. Im Buddhismus ist Anhaftung der Grund allen Leidens und Loslassen der Weg allen Glücks. Komplett moralfrei, rein praktisch zum Glück führend.
Aber auch der Buddhismus ist ein Weg und nicht alle leben da wie Mönche, wie ja auch in der westlichen Welt nicht alle Nonnen und Mönche sind.
Das Weggeben des Verbrauchten oder nicht Geliebten z.B. ist östlich gesehen Befreiung, westlich gesehen Verschwendung oder unnütze Investion, (auch was Beziehungen angeht übrigens). In Marie Kondos Büchern (zumindest ersten Auflagen) wurde alles weg geworfen, in Amerika jetzt wird alles wieder neuer Nutzung zugeführt, offenbar ein Zugeständnis an die westliche Art, aber oft Augenauswischerei. Man fühlt sich zusätzlich als guter Mensch, wenn man das, was einen ersticken lässt, armen Menschen gibt. Das ist ein moralisch für einen nützlicher Zusatzeffekt, den Wegwerfen nicht hat. Aber man macht es nicht, um zu helfen, sondern loszuwerden.
Minimalismus verstehe ich insgesamt als Kraft, den angeschafften Besitz zu minimieren. Der Normalfall ist im Gegensatz dazu anhäufen, nur vom Geld begrenztes Anhäufen von Konsumartikeln. Das kannst du jetzt ganz fundamentalistisch oder als Weg machen. Beides ist minimalistisch. Ich finde schade, dass es oft so eine Deutungsdiskussion geben muss, wer ist der bessere Minimalist. Das ist blöder Egomist. Es gibt eine irre Bandbreite und jede passt zu der Person, die man ist.
Sei locker. Du machst es doch gut, wie du machst. Wenn nicht mangelndes Geld, sondern ein inneres Ziel der Grund für Raum ist, ist man im richtigen Bereich dafür, so sehe ich das. 🙂
Hm. Ich wollte die Serie auch schauen. Aber nach zehn Minuten der ersten Folge bin ich vor Langeweile eingeschlafen… :-/ Gestern habe ich einen Post (FAZ online?) von einer Frau zur Serie gelesen, die Aufräumen befürwortete, dass allein die Frauen im Haushalt dafür zuständig seien, allerdings nicht.
Aus Erfahrung weiß ich, dass irgend etwas nicht stimmt, wenn in einer Familie mit kleinen Kindern “immer alles an seinem Platz” ist 😉
Ich habe in meinem Haus auch wahnsinnig viele Dinge. Sehr viel Selbstgebasteltes meiner Tochter, das irgendwo hängt oder steht. Und wenn ich so durch die Räume gehe, ist j e d e s Ding mit einer Geschichte, einem Tag, einem Ort, einer Erinnerung verbunden. Und dem Moment, als es zu mir kam. Ausnahmslos schöne Erinnerungen. Durch sie bewege ich mich in meinem Haus wie durch einen lebendigen Organismus. Und das liebe ich sehr. Die Dinge gehören zu mir und ich gehöre zu ihnen. Vielleicht will ich eines Tages einmal wieder ganz frei von diesen Lebenszeugnissen sein und in beinahe dinglosen, sehr klaren Räumen leben. Dann tu ich es. Jemanden, der das für mich tut, brauche ich nicht 🙂