So viele Bücher, so wenig Zeit und der zweite Preis

Das Thema Bücher hatten wir ja schon öfter, sei es Neuentdeckungen oder auch im Zusammenhang mit Minimalismus.

Früher hatte ich unglaubliche Mengen, das war zu Zeiten, als es diese wunderbaren Tische mit Remittenden zu jeweils einem Euro gab und ich gefühlt deutlich mehr Zeit hatte. Naja, nicht wirklich, aber die im Internet verbrachte Zeit war deutlich geringer und außerdem habe ich querbeet unglaublich unterschiedliche Sachen gelesen.

Mit der Neueinrichtung der Wohnung ab 2015 (Trennung etc) habe ich mich Stück für Stück getrennt. Muss man wirklich alle Bücher behalten, die man mal gelesen hat? Eindeutig nein, die meisten hätte ich erstens nicht wieder angefasst und zweitens auch nie vermisst. Im Notfall kann man sie ja einfach wieder kaufen oder ausleihen. Da waren dann schon mal Zweidrittel der Bestände weg.

Im Lauf der Jahre hatte ich immer mal wieder diese Anfälle und mittlerweile sind meine Bestände sehr überschaubar. Wobei ich nochmal die alten Science Fiction durchflöhen muss – lese ich wirklich noch, was seit fünfzehn oder zwanzig Jahren ungelesen herumsteht? Hm, ein Projekt für den kommenden Herbst. Probe lesen sozusagen.

Nun besteht Minimalismus nicht nur aus ausmisten und aufräumen. Mir geht es darum, auch nicht wieder neu anzuhäufen. Leider sagt sich das deutlich einfacher als man es tut. Mir persönlich hilft da – insbesondere bei Büchern – der Gedanke des “Zweimal bezahlen”.

Denn man bezahlt nicht nur einen Kaufpreis, sondern um eine gekaufte Sache zu nutzen, hat man (zeitlichen) Aufwand. Bei Büchern ist das einfach: ich bezahle 12 Euro für ein Taschenbuch. Und ich bezahle weiterhin mit sagen wir mal sechs Stunden meiner Zeit.

Und wie ich festgestellt habe, bin ich oft nicht bereit, den zweiten Preis zu zahlen. Das gilt dann nicht nur für ungelesene Bücher, sondern eigentlich für alles. Das Problem: egal, wie viele tolle Dinge ich kaufe, ich habe weder mehr Zeit noch mehr Energie. Und je nachdem baut man im Lauf der Zeit einen gefühlten Schuldenberg auf, den man niemals abtragen kann. Oder möchte. Das ist dann der Zeitpunkt, an dem man sich schlecht fühlt, weil man Besitztümer aller Art (inkl. Mitgliedschaft im Fitnessstudio) aufgehäuft hat, aber leider leider tritt die gewünschte persönliche Belohnung nicht ein. Man hat weder den gewünschten Körper noch die Klassiker gelesen oder das Musikinstrument gelernt (beliebig ergänzbar).

In Sachen Bücher habe ich für mich eine gute Lösung gefunden: meine Mitgliedschaft in der Stadtbücherei plus meinen E-Reader. Ich habe hier in Dortmund Zugriff auf über 16.000 Ebooks und soweit ich weiß, könnte ich mich auch noch bei anderen Stadtbüchereien anmelden. Es sind nicht immer die allerneuesten Titel verfügbar, aber ich habe ja noch 50 Bücher auf meiner Merkliste. Und im äußersten Notfall kaufe ich es mir eben. Aktuell gibt es immer am Donnerstagmorgen die Neuheiten, die schaue ich mir an und manchmal sind mehrere Bücher, die zuerst mal auf der Merkliste landen – und manchmal keins. Ich finde das alles sehr entspannt.

Ausnahme: die Bücherreihen, die ich sammele. Ich habe überlegt, ob ich die WIRKLICH brauche. Nein, vermutlich nicht. Aber ich möchte gerne. Man muss es auch nicht übertreiben mit dem Minimalismus.

Habt ihr schon mal über den zweiten Preis nachgedacht? Und wie haltet ihr es mit den Büchern? Isabelle darf nicht antworten, da werde selbst ich blass angesichts des gelebten Minimalismus 😂

24 Kommentare

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Ich lese massig und habe da kein Zeitproblem. Bei mir ist es eher das Raumproblem. Es gibt Bücher, die eignen sich nicht für Kindle und meine Lösung ist, die entweder unten im Haus auszusetzen oder sie in die Bibliothek zu bringen. Manchmal bezahle ich extra dafür minimal mehr, um die Ausgabe dann der Bibliothek zu geben.
Das Problem sind weiterhin Kochbücher und ältere Bücher und ich möchte auch keine Bücherwand mehr, weil ich in der Praxis zu neuen und wirklich ganz selten zu gelesenen Büchern greife.

na dann: weg mit den alten Büchern! Ich fand den Anfang damals auch sehr schwierig, aber WENN man erstmal anfängt, wird es immer einfacher und es ist so befreiend.

Kochbücher: die habe ich hemmungslos gefleddert. Meistens sind in den Bücher max. 5 Rezepte, die man mag. Rausreißen, abheften oder anders lagern und weg mit dem Buch.

Die älteren Bücher sind oft Nachschlagewerke, Meditation, Yoga, Minimalismus, Mindset, Körper und Gesundheit und sehr viele sind es nicht mehr, wir misten vierteljährlich aus. Dennoch scheint es mir zu viel zu sein. Ich frag mich, ob sie Staub fangen müssen, wenn ich aller 2 Jahre da mal hingucke oder die weggebe und als Kindle kaufen soll – oder ob ich mich dann neu orientiere. Ich werde jetzt noch mal den Rentenbeginn abwarten, gerade weil für Kochen da endlich mehr Zeit und Muße da ist. Eines meiner Ziele. Aber Bücher sind in einem halben Jahr definitiv ein Thema.

Kochbücher sind ein anderes Thema. Die meisten habe ich nicht wegen der Rezepte, sondern der Inspiration und der Stimmung, es sind kleine Alltagsreisen. Aber trotz Halbierung der Bestände – einfach zu viel. Brauch ich noch so viele Backbücher, weil das immer eine Leidenschaft war, ich aber kaum noch Kuchen esse?
Sowas halt.

Da sagst du was, der „zweite Preis“ wird von fast niemandem betrachtet, egal um was es geht.
Ganz richtig, Zeit hat auch ihren Preis und ist unbedingt miteinzubeziehen. DANKE, dass du darauf hinweist, ich werde meist blöd angeschaut, wenn ich es erwähne. Thema Opportunitätskosten und so…😂

ja, Opportunitätskosten sind vielen Menschen unbekannt. Ein anderes unbeliebtes Thema: sunk costs. Zu akzeptieren, dass Geld halt einfach weg ist und man es auch nicht zurück erhält, wenn man an ungeliebten Dingen festhält ist schwierig. Dazu wollte ich auch noch etwas schreiben.

Ohje, kenne ich vor allem von Berufswegen….tote Pferde werden weiter geritten, nur damit bloss niemand eine Fehlentscheidung eingestehen müsste 🙄

Bin gespannt was du dazu schreiben willst, solche Themen interessieren mich ja sehr 😁

Schweres Thema für mich. Meine Tochter hat mir vor kurzem erzählt, dass sie als Kind geglaubt hat, wir wohnen in einer Bücherei. Außer in den obligatorischen Bücherregalen wurden die Bücher auf der Treppe gestapelt 😳. Inzwischen habe ich schon mehrfach ausgemistet, kaufe selten Bücher in Papierform, habe einen Büchereiausweis und trotzdem zu viele Bücher. Der zweite Preis ist tatsächlich immer noch hoch. Ich lese im Schnitt 3 Bücher pro Woche und könnte so viel tun, wenn ich nicht lesen würde. Aber Lesen gibt mir einfach mehr und ich lese Bücher auch mehrfach, wenn das Buch gerade passt.

es geht ja nicht darum, möglichst wenige Bücher zu haben, sondern die, die man wirklich möchte. Und wenn das viele sind, ist das doch völlig in Ordnung. Es ist DEIN Leben und DEINE Entscheidung, deine Zeit mit Lesen zu verbringen. Und offensichtlich sind die Alternativen ja für dich nicht so attraktiv, dass du das ernsthaft machst. Also: alles gut. Außer du hast für dich attraktive Alternativen, die halt irgendwie weggedrückt werden.

Guten Morgen! Interessantes Thema! Ich habe erstaunt festgestellt, dass ich Bücher, die ich auf dem Reader habe, deutlich öfter mehrfach lese als solche, die im Regal stehen. Hat dafür jemand eine Erklärung?
Ansonsten versuche ich tatsächlich auch, so viel wie möglich über Ausleihe abzudecken. Ich finde zwar grundsätzlich Wohnungen mit vielen Büchern gemütlich, nach mehreren Umzügen bin ich davon aber völlig abgekommen.

Musste gerade sehr lachen. Wir liegen gerade noch idyllisch im Bett und jeder liest an seinem Macbook und habe deinen Kommentar dem tollen Mann vorgelesen. Dem erging es nämlich vor etlichen Jahren genauso und ich weiß nicht, wie oft er mir das früher (als ich noch deutlich mehr Bücher hatte) schon erzählt hat

Mir geht es auch so. Zum einen habe ich Sammlungen angelegt, in denen ich wie in eigenen Abteilungen des Buchladens wandle, zum anderen scrolle ich tatsächlich öfter durch die Listen als das ich mir den Bücherschrank ansehe.

Ich lese seit fast 10 Jahren nur noch Ebooks.Finde ich einfach bequemer. Papierbücher wegwerfen fand ich immer schwierig weil in meinem Kopf noch so eine tradierte Vorstellung war, dass man Bücher nicht wegwerfen (allenfalls weiterverschenken) dürfe. Das ist angesichts der heutigen Massenware natürlich Quatsch.
Vielen Dank für den Gedankenanstoß mit dem zweiten Preis. Das hatte ich so noch nicht gesehen.

Ein spannender Gedanke, das mit dem “zweimal bezahlen”. Mich belastet es auch, Sachen zu haben, sie aber nie zu nutzen. Als würde man ihnen nicht gerecht werden… Bücher leihe ich nur noch aus. Ich lese zwar nicht so viel, aber allein wegen der Reiseführer für den jährlichen Urlaub lohnt sich das. Ich mag den Gedanken, Zugriff auf ganz vieles zu haben, ohne dass ich es kaufen und meine Wohnung (und mein Gehirn) damit vollstellen muss.

In unserer Bibliothek werden gespendete Bücher und ältere, eher wenig ausgeliehene für 50¢ verkauft. Ich kaufe mir alle paar Monate einen Schwung…und spende sie nach dem lesen wieder. Früher (ganz früher als Kind) mußte ja jeder ein Bücherregal haben. Als ich mit meinem Mann zusammenzog mußten wir ja auch eins haben. Mittlerweile haben wir keins, und sammeln die Bücher nicht mehr. Nach dem lesen gehen sie weg. Das ist bei allen Dingen in unserem Haus so. Wir sind keine “richtigen” Minimalisten, aber unsere Einstellung zu unseren Sachen ist sehr locker. Wir sagen sehr schell “weg damit”. Die Sachen die wir besitzen mag ich, und sie stressen mich nicht. Sobald sie es tun sind sie wieder weg. Da denke ich nicht mehr an das Geld, es ist einfach so.

Das geht mir auch so. Bei uns in den Bibliotheken gibt es auch den Abgang für kleines Geld, allerdings werden ganz neue Bücher in die Bestände aufgenommen. Ich gucke auch bei jedem Kauf, ob die Bibliothek das Buch hat. Wenn ja leihe ich aus, außer: es ist so ein spontaner Tag und ich muss sofort lesen. 😃

Ich war Bibliothekarin 20 Jahre lang. Heute habe ich nur noch eine Regalreihe mit Büchern. Ich lese mit E-Reader, auf dem ca. 6000 Bücher gespeichert sind, Geschenk einer ehemaligen Kollegin auf einem Stick überreicht. Bin jetzt seit neun Monaten Rentner und habe erst jetzt wieder angefangen zu lesen. Mir fehlte die innere Ruhe. Wenn ich unterwegs bin, Spazieren gehe, höre ich immer Podcasts und Hörbücher. Dann kann ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Hausarbeit erledigen ist deutlich weniger langweilig. Höre gerade nochmal Harry Potter von Rufus Beck gelesen. Der liest genial. Bei den Podcasts höre ich gerade “Mit den Waffeln einer Frau”: Barbara Schöneberger im Gespräch mit jeweils einem Gast, herrlich…

Ich lese fast nur Bücher auf Englisch, vor allem Neuerscheinungen, viele Krimis , die kriege ich in keiner Stadtbücherei. Ich liebe Bücher und käme nie auf die Idee, Bücherlesen für verlorene Zeit zu halten, im Gegenteil. Ich stapele sie sogar im Gästeklo und freue mich immer, dass ich sie habe. Fehlkäufe werfe ich gleich weg.

Nie wäre ich auf die Idee gekommen, Lesezeit als quasi vertane Zeit anzusehen. Ein interessanter Aspekt. Ich lese vom Krimi bis zu anspruchsvoller Literatur alles (Ausnahme: „lustige“ Frauenbücher) und empfinde das Lesen nach wie vor als große Bereicherung meines Lebens. Wie viele Länder oder Städte hätte ich nicht besucht, wenn ich nicht vorher darüber gelesen hätte. Einen Kindle habe ich auch, benutze ihn aber nicht. Dafür stehe ich oft vor meinem meterlangen Bücherregal und nehme etwas daraus in die Hand und lese die ein oder andere Stelle noch einmal nach. Ohne möchte ich nicht leben. Nun passen aber Minimalismus und ich auch grundsätzlich nicht zueinander 😉

wieso vertane oder verlorene Zeit? Der Gedanke ist doch, dass man Anschaffungen eben nicht nur mit Geld, sondern auch mit Zeit “bezahlt”. Und jeder gibt Geld und Zeit für die Dinge aus, die jeweils wichtig sind. Ich empfinde Zeit zum Lesen nicht als vertan oder verloren, ganz im Gegenteil. Die Frage ist aber, wieviel meiner Lebenszeit ich dafür nutze anstatt für andere Dinge.

So habe ich es eigentlich auch gemeint, Irit. Die Wortwahl war wohl etwas drastisch. Es ist so wie du sagst: Man kann die Zeit auch für andere Dinge nutzen. Die Prioritäten sind dabei sicherlich bei jedem anders.

Wir sind gerade notgedrungen auch am Ausmisten und zwar rigoros.

Alte Fachbücher müssen entsorgt werden, ebenso alte Zeitschriften, Reiseführer und Bücher die man halt kauft, wenn man Kinder hat.
Krimis und Romane die keine Klassiker sind, werden an ein Frauenhaus weitergereicht oder in eine andere Einrichtung.

Ich habe nun auch teilweise kundgetan, dass ich keine Bücher mehr in Papierform geschenkt bekommen mag. Es wird eh seltenst mein Geschmack getroffen oder ich habe sie dann doppelt.
Und überhaupt höre ich meistens Bücher, ich lese sie kaum noch und wenn, dann am Kindle.

Und irgendwie finde ich es auch schade, wenn das Hören nebenher gehen soll. Bei Podcasts geht das beim Putzen/Bügeln, aber ein Roman eher weniger und beim Spaziergang finde ich das auch nicht mehr so prall.
Früher fand ich das toll 2 Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, aber mittlerweile komme ich davon ab und will mich nur noch auf eins konzentrieren und das voll und bewusst wahrnehmen.

Wir haben auch die Wochenblättchen von hiesigen Supermärkten gekündigt. Ich weiss gar nicht, ob es das in D auch gibt. Das gibt es hier in Verbindung mit der Kundenkarte.
Die sind wie Zeitschriften mit Rezepten, Infos, Interviews und vielem mehr. Nicht nur Werbung also, aber man kann alles online nachlesen.

Auch gekündigt habe ich Amazon Prime und Sky Show, jetzt haben wir nur noch Netflix und Disney (geteilter Account). Wenn ich was anderes sehen will, mache ich halt ein Monatsabo, schaue die Serie und dann kündige ich wieder. Notfalls warte ich halt bis eine Staffel komplett verfügbar ist.

Ich habe grad gestern in einem Newsletter über Infomüll gelesen: “Daten sind keine Informationen. Informationen sind kein Wissen. Wissen ist nicht Intelligenz. Intelligenz ist nicht Bewusstsein.
Diese Dinge werden leicht verwechselt und das hat hässliche Konsequenzen, wenn Du zum Beispiel Wissen oder gar Bewußtsein suchst, aber nur Informationen bekommst.”

Der einzige Grund, warum ich ein Buch lese oder einen Podcast höre (mein Feeder ist vollgestopft und blockiert Speicherplatz), ist: Ich will mir etwas hinzufügen, das vorher noch nicht da war. Eine Erkenntnis, einen Aha-Effekt, ein Gefühl, das mich irgendwie vervollkommnet, mich klüger, verständiger, “mehr” macht als zuvor.

Die logische Konsequenz daraus wäre, den Prozess abzubrechen, sobald ich merke, dass nichts von dem eintritt.
Und das passiert heute viel öfter als früher. Es gibt kaum noch ein Buch, das ich verschlingen möchte. Die meisten Serien langweilen mich zu Tode. Auch in Podcasts wird sich gegenseitig eingeladen und alles endlos in Variationen wiederholt.

Ich glaube, ich hänge an der Romantik vergangener Fesselungsmomente und an den Büchern, die diese für mich verkörpern. Deshalb haben sie das “Ausmisten” in meinen Augen nicht verdient…

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