Neues von Hermès – das ist eigentlich immer gut. Und wenn dann noch Jean-Claude Ellena seine Finger im Spiel hat… Meine Liebe für Hermès Voyage hatte ich ja schon bekundet (Link), das ist für mich der Duft, den man einfach immer tragen kann und der immer passt. Neu ist nun die Variante als Parfum. Und wie in letzter Zeit schon üblich geworden, wurde nicht nur die Duftkonzentration geändert, sondern auch der Duft ein wenig modifiziert.
Das Parfum steckt in demselben Flakon wie das Eau de Toilette, das Glas ist jedoch dunkel. Den Flakon finde ich übrigens sehr gelungen, die Verbindung von Glas und Metall im Hermès-Stil (und Verbindung ist hier wörtlich zu nehmen) ist nur schön, das Drehprinzip ist einfach und genial – und auslaufsicher, auch auf Reisen. Erhältlich ist Voyage d’Hermès in zwei Größen, 35 ml (nachfüllbarer Zerstäuber, 71,50 Euro) und 100 ml (nachfüllbarer Zerstäuber, 102,50 Euro), der Nachfüllflakon mit 125 ml kostet 99,50 Euro.
Und wie ist der Duft? Voyage d’Hermès Eau de Toilette reicht für mich nach einer Mischung aus Limette und Ingwer in einer wunderbaren herben Variante, ein wenig Holz, ein wenig Moschus und untendrunter kommt noch Amber dazu. Gedacht als Duft für Damen und Herren fehlt im gänzlich die süße Note, nach der so viele Damendüfte penetrant riechen. Ich muss bei dem Duft immer an ein Glashochhaus denken, man sieht es, ordnet es ein und innendrin sieht es dann doch ganz anders aus. Der Duft hält übrigens extrem gut, von daher fand ich sehr spannend, wie sich das Parfum unterscheidet.
Das Parfum ist tatsächlich eine Art “verdichtete” Interpretation des Eau de Toilette. Ich finde die Holznote stärker und ein paar Gewürze sind auch dazu gekommen. Die Blüten, die auch enthalten sind, konnte ich aber nicht wahrnehmen. War es vorher ein Hochhaus mit bläulichen Scheiben, sind sie jetzt eindeutig braun getönt. Das Parfum kommt wärmer daher, aber wiederum: nicht aufdringlich süßlich.
Man merkt: ich mag auch das Parfum…
Hintergrundinformation
Jean-Claude Ellena ist seit 2004 exklusiver Parfumeur von Hermès und kreiert seitdem alle künftigen Parfums. Er hält sich an das Dichterwor t: „Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“. Liegt nicht hier der Unterschied zwischen Abbild und Vorstellungskraft? Keine andere Frage könnte deutlicher das Know-how eines Hauses veranschaulichen, das Handwerkskunst, Einzigartigkeit sowie kompromisslose und unverwechselbare Kreativität zu seinem Credo erhoben hat, statt kurzlebigen Trends nachzueifern.
Hier ein Interview mit ihm.
Wie würden Sie Ihre Arbeit an der Präsenz und Intensität eines Parfums beschreiben?
„Bei der Kreation von Voyage d’Hermès Parfum ging es mir weniger um das Prinzip der ‚Konzentration’ als vielmehr darum, die Opulenz der Duftspur zu steigern und eine erhöhte Wahrnehmungsintensität zu erreichen. Auf diese Weise entsteht ein neuartiges Dufterlebnis, das nicht nur Anhängern des Eau de Toilette eine echte Alternative bietet, sondern mit seiner völlig andersartigen Ausdrucksform einen weiteren Personenkreis anspricht. Ein Phänomen, das wir bereits bei Terre d’Hermès und Terre d’Hermès Parfum beobachten konnten.“
Welcher Aspekt des Voyage d’Hermès Eau de Toilette stand für Sie bei der Komposition der Parfumvariante im Vordergrund?
„Ich wollte den Gegensatz zwischen der würzigen, spritzigen Frische der Kopfnoten und der sich in den Herznoten und in der Duftspur entfaltenden, bestärkenden Sanftheit beibehalten. Indem ich die zitrischen und hesperiden Anteile in der Kopfnote verringerte, gelang es mir, das Duftvolumen zu intensivieren, abzurunden und zu vertiefen und auf diese Weise rascher zum Kern der Materie vorzudringen. Die Spannung ergibt sich diesmal aus dem Aufeinandertreffen kühler Gewürze (Kardamom, Wacholder) und der Wärme von Edelhölzern, während hie und da eingestreute Amberakzente die Gegensätze zusammenführen und zugleich als Duftverstärker die Komposition verdichten.“
Welche neuen Duftvisionen schwebten Ihnen vor?
„Noch behaglichere, umschmeichelndere, wärmendere Empfindungen, eine stärker ausgeprägte, länger währende Präsenz… Mir schwebte eine weiche, runde Form vor, die sich vom gestreckten, straffen Element des Eau de Toilette auch insofern unterscheidet, als sie – gewissermaßen auf der Suche nach einer neuen olfaktiven Dimension – ins Unendliche greift… Um einen Vergleich mit Textilien heranzuziehen: wo das Eau de Toilette an Materialien wie Leinen oder Baumwolle erinnert, sind es beim Parfum Kaschmir und Angora.“
Wie würden Sie Voyage d’Hermès Parfum bildhaft veranschaulichen?
„Moebius’ Illustration zeigt Voyage d’Hermès Eau de Toilette in einer Fantasielandschaft in Aquarelltönen, mit einer Raumwahrnehmung zwischen ineinanderfließenden Pastellfarben und einer Vielzahl von Details in Nahaufnahme. Demgegenüber beschwör t Voyage d’Hermès Parfum kontrastreichere, vielschichtigere und schärfer konturierte innere Bilder herauf, dem Auge öffnet sich ein neuer Blickwinkel. Es ist dieselbe Landschaft, doch ihre Beschaffenheit und Plastizität tritt deutlicher zutage. In Anlehnung an einen Begriff aus der Fotografie könnte man von einer höheren Schärfentiefe sprechen…”