worüber alle sprechen, was aber kaum jemand gelesen hat: die Streitschrift von Bascha Mika zur Lage des Frauen hierzulande. Ein schmales Bändchen, preisgünstig und schnell gelesen. Es ist ein – wie sollte es auch bei der jahrelangen Chefredakteurin der taz anders sein – intelligent, witzig und schlagfertig geschriebenes Pamphlet. Es übertreibt, es polarisiert und es macht Spaß. Wer dezidiert seiner Meinung Ausdruck verleihen will, muss drastisch sein, deutlich werden und wachrütteln.
Wer von uns wüsste nicht, dass eine gute Geschichte erst durch die richtige Portion Übertreibung eine großartige und weitergegebene Anekdote wird. Es hat Mika Aufmerksamkeit beschert, viele schöne Interviews und Einladungen zu Veranstaltungen. Was natürlich daran liegt, dass sie wertet, nein, abwertet. Und zwar die Frauen, die sich trotz guter Ausbildung und bester Berufschancen von allen ihren Karrierewünschen verabschieden und “vermausen”. Es liest sich gut und es gefällt, wenn sie schreibt, es solle Schluss sein mit der “grassierenden weiblichen Geiselmentalität” und dem “selbstgewählten Rückfall in alte Rollenmuster”! Ade, Stockholm-Syndrom und Verherrlichung der Mutter am heimischen Herd!
Ich bekomme auch Ausschlag, wenn gut ausgebildete Frauen das Heimchen am Herd geben und zur Begründung vorspiegeln, es hätte keine andere Möglichkeit gegeben und das mit den immer gleichen Tatsachen (er arbeitet soviel, er kann nicht zurückstecken, dann war ich schon wieder schwanger, gerade, als ich wieder anfangen wollte).
Aber wir wollen doch nicht vergessen, dass die gut ausgebildeten Frauen, die die Wahl haben, nicht repräsentativ sind für die Frau in Deutschland. Mika schreibt über die Akademikerin aus dem Prenzlauer Berg, nicht über die deutsche Durchschnittsfrau. Sie vergisst, dass es eine weit größere Anzahl von Frauen gibt, die arbeiten müssen, um die Familie durchzubringen, entweder, weil sie alleinerzieheund sind oder weil der Mann nicht genug verdient. Dass Frauen in schlecht bezahlten Teilzeitstellen festhängen, weil die Kinderbetreuung nicht funktioniert. Dass Frauen sich nicht trauen durchzustarten, weil das mit dem deutschen Mutterbild nicht vereinbar ist, und sie sich nicht gegen alle anderen stellen wollen. Dass das Ehegattensplitting Berufstätigkeit von Frauen ausbremst, weil sie sich pekuniär nicht lohnt.
Und sie lässt außer Acht, dass die Arbeitswelt nicht nett zu berufstätigen Eltern ist, weil sie soviel verlangt, dass das neben Familienarbeit kaum noch möglich ist. Das müssen wir ändern, statt mit einer one-size-fits-all-Argumentation Frauenbashing zu betreiben. Damit schießen wir uns selbst ins Knie, denn dann haben die Männer und hat die Wirtschaft eine wunderbare Ausrede, die Arme vor der Brust zu verschränken und die Strukturen nicht zu verändern: Die Frauen sagen ja selbst, dass sie feige sind, daran liegt es, nicht an der Realität.