Die modische Frage

Sagen wir, wie es ist: mit deutlichem Übergewicht ist die Kleidungsfrage eher schwierig. Natürlich habe ich seit Jahrzehnten meine persönlichen Vorlieben: eher schwarz garniert mit grün und grau plus tolle Schuhe. Röcke immer schmal und gerne Richtung Knöchel. Hosen auch lieber etwas enger. Außer im Sommer, ich liebe richtig weite fluffige Sommerhosen. Nur solche Sachen zu finden war nie so ganz einfach. Das liegt natürlich auch an meinem Körperbau. Das ist zwar insgesamt deutlich weniger geworden, was aber die Probleme eher noch etwas vergrößert hat.

Man sieht: breite Schultern, seit den Wechseljahren ist die Taille nicht mehr so richtig vorhanden und schmale Hüften ohne Hintern. Gemäß der (wie ich finde eher unfreundlichen) Burdamaßtabelle habe ich obenrum Gr. 48 (wobei ich das anzweifele, weil das bei mir breiter Brustkorb plus Oberweite ist, also eher nicht der normale weibliche Körperbau), Taille Gr. 44 und Hüfte Gr. 40. Erschwerend kommt hinzu: Schulterbreite eher Richtung Gr. 52/54.

Mit anderen Worten: fertig gekaufte Kleidung ist nicht ganz so einfach.

Hinzu kommt das nächste Thema, ich kann nämlich jetzt tatsächlich einfach so in praktisch allen Geschäften einkaufen gehen und finde eine passende Größe. Die Frage ist: was will ich denn eigentlich anziehen? Welche Kleidung entspricht meinem Bild von mir und was finde ich an mir schön? Das könnte man mit dem Wort “vorteilhaft” umschreiben, aber das trifft es nicht. Es geht darum, meine Vorstellung von mir in Kleidung zu übersetzen.

Außerdem nähe ich zwar langsam und wenig, aber es wird und da sind dann alle Probleme versammelt. Wie ich mit diversen Fehlversuchen feststellen konnte.

Bestes Beispiel ist dieses Leinenkleid:

Die Farbe ist toll, der Schnitt an sich auch, es hat Taschen und die Nähbeispiele auf Instagram an anderen Frauen sahen toll aus (wer mal schauen mag: #sauviedress und #sauviesundress). An mir finde ich das Kleid schrecklich. Von breiten Schultern geht es noch breiter weiter und das finde ich für mich nicht schön.

Das sieht dann mit einem anderen Schnitt schon ganz anders aus, hier ein altes Kleid von H&M:

Wobei wir die nächste Herausforderung sehen. Obenrum zugegeben mittlerweile etwas zu weit, um die Hüften (da soll es eigentlich schon etwas anliegen) megaweit.

Den Plan, fertige Kleider zu kaufen habe ich aufgegeben. Da passt wirklich nichts zu meiner Figur, es ist untenrum immer zu weit. Also selbst nähen und die Schnitte so anpassen, dass man zwischen den Größen jongliert. Ich arbeite daran.

Hosen nähen ist auch nicht so einfach wie gedacht, das hier ist mein letztes Werk:

Gefällt mir ganz gut, aber das nächste Mal alles eine Nummer kleiner – wobei das hier schon eine Kombi aus zwei Größen ist – und Stoff mit etwas Elasthan.

Und so entwickele ich im zarten Alter von 58 meinen Kleidungsgeschmack und werkele mich durch Schnittmuster. Äh, und da war da noch der Zauber von tollen Stoffmustern, die Kleidung ergeben, die ich dann doch nicht anziehe – weil zu bunt. Ich bin sehr gespannt, was da für mich noch kommt. Es macht mir Freude, über meine Kleidung nachzudenken und ganz langsam aber sicher meine Basics zu finden. In schwarz, grün und grau garniert mit tollen Schuhen.

Wie ist es bei euch? Modische Experimente oder seit Jahren und Jahrzehnten eher gleich?

PS: ich erwäge, im nächsten Frühjahr eine Jeans zu kaufen. Ich besitze seit langen Jahren keine mehr, aber eine weiße 501 könnte mir für das Frühjahr gefallen.

22 Kommentare

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Was mir als erstes auffällt: wie gut mir das Grün an dir gefällt und dass mir deswegen nicht mal augefallen wäre, was dich stört. 🤩

Zu den Körperproportionen: du könntest ausgleichen, aber auch betonen. Was ist eigentlich schmeichelhaft? Ein Körperideal, das man nicht hat oder das selbstbewusste Stehen zu den eigenen Proportionen? Schwarz betont die Silhouette natürlich immer wie ein Scherenschnitt. Mir gefällt dann die untere Variante: körpernahe Hose und weiter Pullover toll, weil es nichts versteckt. Du bist du und du siehst gut aus mit deinen Propotionen. Das finde ich wirklich.
Diese Hängekleider gefallen mir persönlich an niemandem wirklich, aber: sie sind praktisch, wenn es heiß ist, also haben sie eine Berechtigung.
Wenn du verstecken oder mal was anders willst: kurzer Rock ist da perfekt, auch mit offener längerer Jacke. Du betonst damit die Beine und der Blick wird nach unten gezogen. Ich hab zwar keine breiten Schultern, aber gewaltigen Vorbau bei schlanker Figur, also auch ein Propotionsunterschied nach oben. Rock, lässiger Pullover sieht an mir gut aus. Es zieht den Blick nach unten, ohne was zu verstecken. Das sind so meine spontanen Gedanken. Gerade im Winter mit blickdichten Strumpfhosen, die die Beine schön formen, trag ich das oft.

ich mag meinen Körperbau, da wird nichts versteckt. Ich denke, ich wabbere insgesamt herum, was will ich mit meinem (hoffentlich) verbleibenden Lebensdrittel machen? Und das äußert sich dann eben auch in Sachen Kleidung und der Suche nach dem Kleidungsstil bzw. womit ergänze ich meine geliebten Klassiker und wo will ich einfach mal etwas Neues?

Ich finde immer gut, mal Neues zu probieren und zu sehen, was es mit einem macht. Ich habe vor einem Jahr auch nochmal meinen kompletten Stil verändert durch den Korea-Einfluss, auf einmal gab es Alternativen, die zu mir neu passten. Meiner Erfahrung nach passiert das auch oft beim Abnehmen. Man hat einfach eine andere Auswahl und mehr Moglichkeiten. Sie zu sehen und zu nutzen finde auch, den Moment zu nutzen, den man gerade intensiv lebt.

vielleicht mal Schnitte von Cashmerette, die haben den Size calculator, da hat man schon mal eine gute Orientierung wie man das gradieren sollte

Cashmarette entwickelt ja Schnitte für Frauen mit großen Brüsten, was den Vorteil hat, dass man sich dann die FBA spart, aber ich meine, die Schnitte fallen an den Schultern nicht so breit aus. Ich habe selbst noch nichts von ihnen genäht, aber in einem Nähblog ein paar Mal davon gelesen.
Ich teste im Moment auch einige Schnittmusterlabel, weil mir meine Kleidung nach zwei Schwangerschaften und mit Anfang 40 nicht mehr so gefällt. Da muss mal was neues her, aber ich bin mir noch nicht ganz sicher, welcher Stil denn jetzt zu mir passt

hast du bei den Kleidern mal einen Taillengürtel ausprobiert, wenn du es schrecklich findest, dass es unten breit weitergeht? das würde ja eine neue Form schaffen

ja, die Modelle sehen schmalschultrig mit großer Oberweite aus, das wird bei mir nicht passen.

Taillengürtel machen es nicht besser, der Rock ist und bleibt weit und wie ich festgestellt habe: nein, mag ich nicht. Es gibt Frauen, an denen das toll aussieht, bei mir sieht es nach Bauerntrampel aus.

Liebe Irit,
mein Körperbau ist Deinem sehr ähnlich und auch ich kann viele Schnitte nicht tragen.
Um den Unterschied zwischen breiten Schultern und schmaler Hüfte auszugleichen, trage ich gerne Marlenehosen und dazu nicht zu lange Shirts oder Pullover mit V Ausschnitt oder Rollkragen, schmale Röcke, Wickelshirts, meide Uboot Ausschnitt.
Nichts ohne Ärmel, so das die Schultern bedeckt sind, wobei mir das ab 30 Grad im Sommer auch egal ist.
Das grüne Kleid mag ich an Dir, ich finde man muss sowas in Bewegung sehen, mit Sandalen und Tasche. Ich könnte mir vorstellen wie Du damit durch eine französische Kleinstadt schlenderst mit einer Tasche voller neu entdeckter Drogerieartikel 😁
Eigentlich denke ich nicht über Schnitte nach sondern streife durch die Läden und probiere an.
Da kristallisiert sich schon raus was mir steht. Entweder gibt’s aha oder nee 😄

och, seit sich mein Bizeps entwickelt hat, bin ich von bedeckten Schultern abgekommen 😎

aber ansonsten wie bei dir: immer V-Ausschnitt, niemals halsnah oder U-Boot

Irgendwann bin ich nicht mehr gerne in Modegeschäfte gegangen und habe lange Jahre von H&M “gelebt”. Oder seit neuestem ab und an zu Uniqlo. Da muss ich mir wieder etwas erschließen. Andererseits finde ich Nähexperimente echt spannend

Liebe Irit,
dein Text plus die Fotos dazu zeigen einiges von dir, das mir sehr gut gefällt. Ich habe gleich an Linda V. Wright denken müssen, deren wundervolle Erscheinung deiner ziemlich ähnlich zu sein scheint. Schau dir doch mal auf YT Bilder ihres Kleidungsstils an. Deinen Körperbau finde ich prädestiniert dafür, dich von Linda inspirieren zu lassen. Besonders die lässigen Hosen und Farben die sie trägt müssten dir gut stehen (nix gegen enge Hosen). A-Linien Midiröcke statt Flatterkleidern stehen dir ganz gewiss auch prima.
Du bist so oder so eine beeindruckende Erscheinung. Tob dich aus und lass Altbewährtes ruhig mal links liegen.
Ich hoffe, mein Rat kommt nicht zu klugschei….. bei dir rüber. Ich selbst bin eher klein und pummelig – breite, wohlgeformte Schultern musst du nicht kaschieren! Ich finde dich klasse! 🤩

Das finde ich jetzt ganz erstaunlich: Linda Wright habe ich nämlich kürzlich auch eher zufällig gefunden und finde viele Bilder von ihr ganz toll. Sie war auch die INspiration für die weiße Jeans! Ich aber lieber Levi’s anstatt Dior 😎

Von ihren weißen lockeren Hosen bin ich auch hin und weg. Letztes Frühjahr gab es bei H&M diesen Schnitt mit relativ dünnem Stoff – leider nicht in weiß. Aber in hellgrau, natur und schwarz habe ich drei ergattert – Preis damals € 19,90. Gott sei Dank gibt es Firmen, die schöne Designer kopieren. 😘

Ich kannte Linda V. Wright nicht, aber das ist genau mein Stil und Geschmack: weite Hose und lockere Oberteile.
Allerdings nicht immer ganz so oversized und auch nicht ganz so bunt, wobei ich gerne Farben trage und dein grünes Kleid echt der Knaller finde 😍.
Muster gibt es bei mir nur in Sommerkleidern, sonst ist alles uni.

Deine Pulli/Hose Kombi gefällt mir ehrlich gesagt nicht so gut. Einerseits wirkt das für mich sehr trist und dann bin ich keine Freundin von dieses geraden Taschen. Ich mag sie bei Stoffhosen am liebsten schräg (französisch) wie bei den Chinohosen.

Ich musste vor kurzem meinen Kleiderschrank ausräumen und habe dann fast alles aussortiert. Vieles passte nicht mehr und war auch schon in die Jahre gekommen, oder wirkte einfach altbacken. Inspiration holte ich mir auch auf YT oder Insta, ein ähnlicher Figurtyp ist hilfreicher als das ähnliche Alter.

Uniqlo ist auch meine erste Quelle, aber auch Someday/Opus (überwiegend Hosen) und H&M.

Bei mir war das gar keine Stiländerung eher, dass ich mich nun damit beschäftige und mehr darauf achte was gut/besser aussieht, welche Materialen für mich sinnvoll sind und welche Farben sich am besten kombinieren lassen und nicht unbedingt welche mir am besten gefallen. Ich überlege in der Tat immer zuerst wenn ich was kaufen will, was dazu passen könnte, wenn mir dann kaum was einfällt, dann lasse ich es.

das Foto mit der Hose war auch eher ein “Abfallprodukt”, hatte die Hose fertig genäht und dem tollen Mann ein Bild geschickt, also kein Styling oder so. Ich habe nie über gerade oder schräge Taschen nachgedacht, aber da hast du einen Punkt – unter dem Gesichtspunkt muss ich mir das nochmal anschauen

Wenn für dich Schnittkonstruktion interessant ist kann ich dir die Videos von Vivian Altmann bei Makerist sehr empfehlen. Der Hosenschnitt ist wirklich klasse. Ebenfalls bei Makerist die Videos von Inge Szoltysik-Sparrer. Ziemlich klassisch aber ich habe unheimlich viel von ihr gelernt.

Die Videos schaue ich mir auf jeden Fall an! Ich schaue mir mittlerweile zu jedem Schnitt ein Sew-Along an oder auch mehrere, das ist immer sehr aufschlussreich.

Die Hose ist so eins von den Instagram-Erfolgsmodellen. Ich hatte den Schnitt drei Jahre lang herumliegen, musste dann statt Plussize erstmal die normalen Größen herunterladen. Guck mal bei #pietrapants

Gerade habe ich nach meinem Probemantel den schönen Mantel zugeschnitten (kräftiges Grün mit reichlich Kaschmiranteil), das ist der hier: #oslocoat

Und beim Black Friday noch die Winslow Culottes erstanden, ein Sommerprojekt…

Die Videos von Inge kann ich auf jeden Fall empfehlen, zumindest wenn man die notwendige Geduld für die exakte Ausführung auch von Kleinigkeiten hat. Ich bin zwar eher dünn, habe aber auch das Problem der breiten Schultern und des nicht vorhandenen Pos. Ich war bereits mehrere Mal bei Inge zum Nähcoaching und lasse ich mir von Inge Maßschnitte machen, das klappt wunderbar, da ihr meine Maße vorliegen und sie meine “Problemzonen” kennt.

ich mag die Kombi mit der Hose, das sieht richtig schön aus, sehr modern, es macht eine tolle Figur und steht dir perfekt. Das grüne Kleid mag ich gar nicht, es ist viel zu groß und erinnert mich an eine Öko-Maus, mit einem Faible für Pippi Langstrumpf, auf dem Weg zum Töpferkurs.

Linda Wright – wow! Kannte ich noch nicht, danke für den Tipp!
Irit, den Wunsch nach stilistischer Veränderung verstehe ich absolut. Vielleicht ist es wirklich das Alter, bei mir sicher auch die neue Lebenssituation nach Trennung und Scheidung – aber ich könnte meinen Kleiderschrank gerade auch auf links drehen. Bei mir ist allerdings das Gewicht immer gleich geblieben (habe eine 20 Jahre alte Jeans, die mir immer noch passt und deren Schnitt mit unten weiter werdenden Beinen auch wieder modern wäre), das heißt, ich habe nicht so wirklich eine Rechtfertigung für ausführliche Neuanschaffungen…

Liebe Irit, Danke, dass Du diese Gedanken mit uns teilst! Ich denke gerade auch viel über „meinen“ Stil nach. War immer sportlich unterwegs, mit Jeans und TShirts und kurze Haare und will mal weg davon, mehr Kleider/Röcke, auch mal schick und feminin sein. Aber das ist gar nicht so leicht, ich greife doch immer zu den gleichen Kleidungsstücken und Farben. Ich habe oft den Eindruck, außer mir sind alle „im Alter bin ich bei mir angekommen und habe meinen Stil gefunden“ Mit 60 habe ich die Schränke voll, aber manchmal finde ich ein Stück wieder, das ich nie an hatte aber auch nie weg gegeben habe und das kann der Glitzerpulli oder die Rüschenbluse sein. Wollte ich vielleicht schon immer, aber habe mich nicht getraut…. Viel Spaß beim
ausprobieren! Danke für Deinen tollen Blog und die schöne Community hier! Liebe Grüße

hm, ich glaube, das Thema müssen wir nächsten Jahr noch etwas genauer aufgreifen, da scheint es mir Gesprächsbedarf zu geben – von mir und euch!

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