Digitalisierung in Deutschland… weinen oder lachen? Ein kleiner Erfahrungsbericht

Ich wusste heute nicht, ob ich lachen oder weinen soll.

Meine große Tochter wird in zwei Monaten 18, also muss das Kindergeld verlängert werden. Ich bekam einen dicken Brief von der Kindergeldkasse und las hocherfreut:

Nutzen Sie hierfür schnell und unkompliziert den neuen Online-Kindergeld-Service

Ha, dachte ich bei mir, das ganze Gemecker immer, es tut sich ja doch etwas. Um eine Seite später festzustellen: nein, das ganze Gemecker über unseren Zustand als Entwicklungsland in Sachen Digitalisierung ist mehr als gerechtfertigt.

Der Service sieht nämlich so aus:

  • QR-Code scannen, um auf der passenden Website zu landen
  • Persönlichen Zugangscode eingeben (war immerhin mit dabei)
  • Ergänzen Sie die vorhandenen Daten

Soweit, so schön. Und dann schlägt unsere Verwaltung aus dem letzten Jahrtausend erbarmungslos zu:

  • Drucken Sie den Antrag aus
  • Unterschreiben Sie den Antrag
  • Senden Sie diesen mit Nachweisen an die Familienkasse

Anmerkung: die Schulbescheinigung muss ich zur Schule bringen, die bearbeiten es und dann bekomme ich ihn zurück. Per Email oder Scan nicht möglich – nicht, weil die schule das nicht kann. Nein, ein solcher Nachweis wird nicht akzeptiert.

Mir fällt da allmählich nichts mehr ein. Wenn das so weiter geht, muss ich mir doch noch einen Drucker kaufen – meine Versuche, alles in papierlos zu machen, werden gnadenlos torpediert.

PS: ich dachte immer, in unseren (NRW-)Ministerien sitzen zumindest teilweise sehr gut bezahlte Fachleute. Mit den Verordnungen und dem Gleichbehandlungsgrundsatz haben sie es aber offensichtlich nicht so. S. ganz frisches OVG Münster Urteil. Gehen wir doch mal shoppen.

14 Kommentare

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Hallo. Ja, wir in den D hinken Jahre, wenn nicht Jahrzehnte im internationalen Vergleich hinterher. Ich weiß nicht, wie dieser Rückstand aufzuholen ist. Dieses Elend kommt gerade zur Zeit besonders ans Licht – sei es Online Schooling (äh, räusper), über Formularwesen bei den Ämtern oder die regelrechte Technik- oder Digitalisierungsfeindlichkeit in diesem Land. Ich bin auch regelmäßig am Zweifeln und Verzweifeln. Meine politische Meinung lass ich lieber mal außen vor, sonst schreib ich bloß in Rage. Grüßle

und ich fürchte, dass sobald mal alle geimpft sind und es wieder “Normal” weitergeht… der Rest auch weitergeht. Glasfaser, Schulen, Verwaltungen und so weiter. Ich habe mal gelesen, was man alles machen muss, um WLAN an die Schule zu bekommen. Ein Verwaltungsprozess über 6 oder 7 Stationen, Land, Kreis, Kommune blabla alle mit dabei und es dauert auch nur ein Jahr oder so

Es gibt ja immer noch Verwaltungsakte bei denen es ein Schriftformerfordernis gibt, sprich da muss eine Unterschrift drauf. Wobei das auch eine zertifizierte elektronische sein kann, was aber auch für den privaten Gebrauch umständlich ist. Im privaten verstehe ich nicht, dass der neue Personalausweis für so etwas nicht viel mehr von den Behörden genutzt wird. Ich habe mir das extra freigeschaltet und die App installiert. Nur bisher in meiner Stadt nix gefunden für das ich das verwenden könnte. Viele Städte bieten da aber bereits einen Bürgerservice an, vlt lohnt der Blick ja.

Was mich wahnsinnig macht ist dieser bürokratische Aufwand, die ganze übermäßige Verwaltung. Ich wurde am Sa geimpft, worüber ich sehr glücklich bin, aber der bürokratische und Verwaltungsakt vor Ort im Impfzentrum hat mich echt geschockt. Man kommt mit Termin, muss nach Name eingeteilt warten, dass eine von vier freundlichen Damen einmal die Papiere kontrolliert. Eine Dame hatte fast nichts zu tun, während sich vor einer anderen eine Schlange aufreihte (natürlich mit Abstand). Glaube mal ja keiner, dass Dame 1 der Dame 2 Impflinge abnehmen durfte. Und dabei ging es nur um Persokontrolle und Impfeinwilligung. Letzteres wurde übrigens noch weitere 2x kontrolliert mit weiteren vier Menschen.
Die Amerikaner impfen auf dem Supermarktparkplatz und sind extrem erfolgreich damit und die Deutschen …? Deutschland würde auch noch seinen Untergang verwalten.

Damit will ich allerdings nichts gegen das Impfzentrum sagen. Es waren alle super nett und ich bin dankbar, dass die Leute dort ihre Jobs so gut machen!

dann bist du nicht eingeloggt – klick mal links im Menü auf “Login für Gärtner*inen”, dann deinen Benutzernamen und Passwort angeben. Wenn es geklappt hat, siehst du oben einen schawrzen Balken mit ein paar Infos

Die Justiz soll oder muss ab 01.01.2022 online sein, d.h., alle Schriftsätze und Dokumente von Anwälten und an Anwälte dürfen nur noch digital, mittels sog. elektronischem Anwaltspostfach übermittelt werden. Dazu dient u.a. eine Signaturkarte. Eine der Voraussetzungen ist natürlich, dass die sog. Handakte fein säuberlich , d.h., jedes (!) Dokument aus der Handakte mit Bezeichnung, Datum, Absender pp vor digital zur Akte erfasst wird, denn sonst kann man nichts digital verschicken. Das alleine ist schon eine Herausforderung an die Mitarbeiter. Da Verfahren idR über längere Zeiträume laufen, gibt es diese Beschäftigung schon seit 2016. Beteiligte Behörden, bsw. Jugendämter, oder Banken brauchen das nicht.

Dazu kommen fast schon regelmässig technische Probleme, die ich mir hier erspare. Würde das ganze laufen, ist es eine tolle Sache. Papiersparend, kostensparend (Porto) und zeitsparend ( der Postausgang ist binnen weniger Minuten erledigt), aber dem ist leider nicht so, und mir graut vor dem nächsten 01.01.

Wie man es macht – die einen zu wenig und die anderen zu viel.

Jedenfalls erinnert mich dies an diese Meldung vom Bundesgerichtshof (broken link bitte wieder zusammensetzen: https:// juris.bundesgerichtshof.de /cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=116210&linked=pm&Blank=1). Da heißt es, das die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sicher im Rechtssinne sei.

Was kann da nur schief gehen?

Also, ich hab für meine Tochter den Antrag sowie die Schulbescheinigung (und in den folgen Jahren die Studienbescheinigung) immer eingescannt und per Email an die Kindergeldkasse geschickt… 🤔, bekam dann eine Empfangs-/Bearbeitungsbestätigung und gut.

Was das angeht ist Deutschland leider noch in Mittelalter. Andere kleine, ärmere Länder haben homeschooling problemlos umgesetzt, es gibt keine Lehrer die das “nicht können” und unverschämt Corona Ferien haben – da es sich sonst um Arbeitsverweigerung handelt und woanders gibt es an öffentlichen Plätzen seit 20 Jahren kostenloses, schnelles Internet.
Wir sind längst am Ende der Nahrungskette angekommen wenn es um Innovation und Wettbewerbsfähigkeit handelt und das mit unseren Ressorucen und Steuergeldern.
Diese mangelnde Kompetenz wird uns noch künftig viel kosten.

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