Briefwechsel (24.03.19) – ToDos und entspannter leben

Liebe Iridia

entschuldige die späte Antwort, wie immer kam das Leben mit einigen ToDos (haha) dazwischen. Außerdem habe ich noch an ein paar Punkten herum geknabbert und musste erstmal das intuitive Handeln sortieren.

Zunächst mal muss man ja unterscheiden zwischen zwei Bereichen: allgemeines Leben und persönliche Dinge. Im Leben gibt es halt umumgängliche Sachen (Finanzamt anrufen, Wasserhahn reparieren), “notwendig”-schöne Sachen (Balkon fertig machen – Bilder dann demnächst, neue Vorhänge, Bilder aufhängen, eine Wand anders streichen usw usw) und dem ganzen Rest, der meist unkonkret oder in ersten Planungsstadien ist. Ich träume immer noch von Fischgrätparkett im Wohn- und Esszimmer.

Da gibt es bei mir eine Mischung aus “Muss gemacht werden”, “Will ich endlich fertig haben” und “Denke ich später drüber nach”, alles eher unkompliziert.

Schwieriger wird es bei den persönlichen Dingen. Ja, es gab sehr sehr lange den Plan “Französisch lernen”. Letztlich habe ich festgestellt, dass es mir nicht wichtig ist. In Frankreich komme ich mit meinen paar Brocken halbwegs durch, die junge Generation kann englisch – es wäre nur meine persönliche Eitelkeit gewesen. Viel Aufwand für nichts.

Aber natürlich gibt es andere Langzeitprojekte oder auch Altlasten. Ich sehe sie aber mittlerweile als Begleiter und nicht als Altlasten. Sie sind mir wichtig (sonst hätte ich sie schon beiseite geschoben oder gestrichen), aber sie sind nicht dringend.

Bestes Beispiel ist Kleidung. Ich habe schon immer davon geträumt, mir tolle Sachen zu nähen, die meinen Stil repräsentieren. Aber dafür braucht man ein gewisses Können, Zeit und auch Inspiration. Der Nähkurs ist Ende April (eine ganze Woche) und dann schauen wir mal, was dabei herauskommt. Die Liste der Nähprojekte ist jedenfalls lang.

Oder Sport: ja, klar würde ich gerne tanzen können wie Fred Astaire. Blöderweise habe ich aber zu spät angefangen, ich habe nicht jeden Tag Zeit zu üben und mein Körper sagt mir auch ab und zu, dass es nun aber genug ist. Also erfreue ich mich an meinen kleinen Fortschritten und genieße den Augenblick.

Im Endeffekt ist es einfach so, dass ich mir mehr Zeit für ToDos meine Pläne gebe. Keine Selbstoptimierung, kein Zwang, einfach ein schönes Leben haben und manchmal gibt es eben auch nicht so tolle Pläne.

Derzeit treibt mich aber ein ganz anderes Thema um. Ich schaue mir das derzeitige Weltgeschehen an und staune und fürchte mich gleichzeitig. Das Thema Frauenrechte begegnet mir überall (zu Recht!) und ich habe den schönen Satz “Frauen haben sich emanzipiert, Mütter noch nicht” (oder so ähnlich) gelesen. Frauen halten nicht mehr die Klappe. Das fängt bei Geld an und hört bei (sexueller) Gewalt auf. Die Zunahme von extremen Positionen (siehe Neuseeland, IS und was es ansonsten noch an Irren gibt). Die Gelbwesten in Frankreich. Gewaltausbrüche aller Art.

Und meine Töchter gehen demonstrieren. Die unentschuldigten Fehlstunden sind sozusagen von mir genehmigt, ich finde es toll, dass sie sich engagieren. Und frage mich gleichzeitig, ob ich nicht nur viel Glück gehabt habe und nicht auch ein bisschen mehr für eine bessere Welt tun sollte.

Wie geht es dir in der – man kann sagen – politischen Großwetterlage?

Deine Irit

22 Kommentare

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Zum Thema (freiwillig gewähltes) to do kann ich diesmal was beisteuern: ich fange im September einen Fernlehrgang zur Staatl. geprüften Betriebswirtin Personalwirtschaft an, bin bereits eingeschrieben. D.h. ab September werde ich 3 Jahre lang ca. eine 55-60h-Woche haben (der neue Job ist in greifbarer Nähe). Aufstiegs-BAföG werde ich noch beantragen, damit ich nicht schludere, dann muss ich nämlich in 3 Jahren fertig werden und verbrenne weder mehr Zeit noch Geld. Davor werde ich meine Englischsprachkenntnisse mit Hilfe eines Langenscheidt-Selbstletnkurses noch ein bisschen auffrischen und vertiefen, damit ich nicht am Englischteil des Lehrgangs scheitere. Wie Mathe laufen wird muss ich sehen, evtl. muss ich mir dafür Hilfe besorgen. Der Rest wird schon werden. Nach Abschluss des Lehrgangs besitze ich dann auch (endlich) die FH-Reife.

Ich habe mich lange genug darüber geärgert was ich hätte im Leben anders machen sollen und genug Zeit verbrannt. Jetzt bin ich dran. Jung genug bin ich auch noch. Und leider habe ich schnell gemerkt, dass ich mit meiner (eigentlich guten) Ausbildung allein heute nicht dahin komme wo ich hin will.

Toll! Viel Erfolg dir auf deinem Weg, Manu. 🙂

Das Gefühl, genug Zeit verbrannt zu haben, hab ich auch manchmal. Ich weiß mitunter nicht, ob lediglich die Zeit noch nicht reif war, oder ich unter dem blieb, was ich mir für mich wünschte, nur weil andere genauso rumhingen wie ich. Rumhängen finde ich wichtig, die Frage ist die der Dosis bei mir. Es tut zwar gut, macht mich aber auf Dauer nicht glücklich, träge und langweilig für mich selber. Aber ich hab sehr lange gebraucht, dass mir das klar wurde.

Und tatsächlich verhindern Aufgaben oft, Geld zu verbrennen.

Danke, Iridia. Ich freu mich, es wird aber schon eine gute Herausforderung werden.

Was mich nur wundert: Mittlerweile habe ich von meinem ehemaligen Vorgesetzten signalisiert bekommen, dass der Rückweg für mich offen ist (unabhängig vom Lehrgang, von dem er nichts weiß, allerdings weiß er dass ich mich weiter qualifizieren will). Er scheint der Einzige zu sein, der meine Pläne wirklich ernst nimmt (wir haben den Kontakt deshalb gerade auch auf Eis gelegt). Sonstige Leute schütteln eher den Kopf oder belächeln meine Pläne, sowohl Rückkehr als auch Lehrgang. Verwundert (und enttäuscht) mich schon ein bisschen…

Das mit dem Geldverbrennen war ein bisschen anders gemeint: ohne BAföG müsste ich wesentlich mehr aus eigener Tasche zahlen und könnte mir für den Lehrgang getrost bis zu 4,5 Jahre Zeit lassen…

Mit dem Rumhängen hab ich es nicht mehr so. Ich brauche Input.

LG

Ich hab noch überlegt, ob ich zum Geldthema noch schreibe: „in verschiedenen Bereichen“, hab dich schon so verstanden, dass es dir um Lebenshaltungskosten für diese Zeit geht, aber ich finde, dass es generell auch eher so ist. Nicht immer, aber tendenziell sehr stark. Ich hab das ganz oft bei mir im Nachhinein festgestellt und denke gerade darüber nach.

Immer, wenn ich mich entschieden habe, etwas Neues zu machen oder etwas grundlegend zu ändern, ging das mit einer gewissen Kaufzurückhaltung zusammen, das Notwendige mal abgesehen. Das letzte Mal war es ganz stark, als ich auf neue Art Meditieren übte. Ich meditiere seit einigen Monaten wieder, aber diesmal ist es nur dezent so – es keine neue Erfahrung mehr, sondern gehört zur Lebensroutine. Dennoch befriedigt es auf unbekannte Art die Seele weiter. Bei der Trennung von meinem ersten Mann hatte ich auch ein so intensiv neu erwachtes Lebensgefühl, dass ich ewig gar nichts brauchte.

Mir kommst du so vor, als würdest du auch lange Vorgenommenes In Angriff nehmen und dein Leben mit einer Kurskorrektur auf neue Wege schicken. Wenn es selbstbestimmt ist, befriedigt das sehr – und braucht nicht durch materielle Zuwendungen an sich selbst ausgeglichen zu werden. Ich weiß jetzt nicht, ob du dich auf die Ausbildung selbst auch freust oder nur den Schein brauchst, aber selbst im zweiten Fall wirst du lange gebundene Energien für dich frei setzen, Energien, die du nicht mehr aus dem Außen brauchst. Verstehst du, was ich meine? Das ist nur ein Nebeneffekt und es ist gut, dass du es finanziell besser wuppen kannst, aber ich finde, beim passenden Weg sind auch die Begleitumstände leichter. Etwas klappt, was sonst nicht wäre, man findet neue Freunde usw. Für mich sind ständige Schwierigkeiten und Probleme mit einem Vorhaben ein Zeichen, dass es wohl nicht mein Weg sein soll und oft kommt es trotz Anstrenungen nicht dazu.

Falls du kein Wort von dem verstehst, was ich meine, vergiss es einfach. 😀

Ich finde deinen Aufbruch toll und schicke dir alle guten Wünsche.

Ich danke dir für deine ausführliche Antwort. Ich verstehe dich schon, keine Sorge.

Trotz aller Freude und Motivation bleibt trotzdem ein Rest Angst, dass ich es nicht schaffen könnte, aber ich denke das ist normal.

Was das Geldausgeben betrifft war es schon immer so, dass ich das von außen nur sehr bedingt brauche. Im Prinzip wirklich ernsthaft nur dann, wenn ich einen emotionalen Mangel leide. Als Ersatzbefriedigung quasi. Das weiß ich aber auch erst seit einer Weile.

Für mich hat Scheitern nicht unbedingt die Bedeutung dass es also nicht sein sollte, im Gegenteil. Scheitern kann mir verdammt weh tun, gleichzeitig stachelt es aber mein Innerstes an, so dass ich es erst recht wissen will (so wie gerade). Dass ich den letzten Job verloren habe war unglaublich schmerzhaft, ich weiß nun aber was ich unbedingt will und was nicht und was ich anders anpacken muss um an mein Ziel zu kommen. Es musste alles kommen. Wenn einem das klar ist kann man daraus auch wieder Kraft ziehen. So weh mir diese Erfahrung getan hat, so wertvoll war und ist sie.

Und ja, ich justiert mein Leben gerade wie ICH es möchte – was aber nicht heißt, dass damals zu Zeiten meiner Schul- und Ausbildung alles falsch lief. Zur damaligen Zeit war es richtig wie es war, meine Möglichkeiten waren durch verschiedene Faktoren einfach begrenzt. Den einzigen Vorwurf, den ich mir wirklich mache ist, dass ich in der Zeit mit meinem Ex-Mann mehr bei mir und meinen Vorhaben hätte bleiben sollen. Aber schlussendlich wird sich alles doch noch so wenden wie ich es mir wünsche, davon bin ich überzeugt. Weil ich es WILL.

Mach dein Ding Manu! Bau dir dein Selbstbewusstsein auf deiner Leistung auf und lass die Leute links liegen, die dich belächeln. Die selbst aus ihrer Bequemzone nicht herauskommen und anderen keinen Erfolg gönnen.
Ich wünsche dir einen ganz starken Rücken und viel Erfolg.

Grüße von Claudia

Liebe Manu,

ich drück dir auch alle Daumen, dass das Alles so klappt, wie du dir das vorstellst. Aber so wie du das schreibst, zweifle ich nicht daran, dass du das hinbekommst und deinen Weg gehst. Ich find’s toll! Immer den gleichen Trott kann ja jeder. Neue Wege gehen hingegen erfordert Mut! Toitoitoi!

Nein, nein, du bist doch beim Thema to-do. 🙂 (und selbst wenn nicht, mir ist es egal) Ich werde wohl noch einen Moment mit Irit beim Thema Selbstoptimierung bleiben, das ich eher als Entwicklung verstehe und nicht wie Außenmaximierung. Das Image ist schlecht, aber ich merke wirklich, wie mich selber alles ermutigt, das andere beginnen, also auch du. 🙂

Ich bin im Grunde meines Herzens stinkend faul und würde nie was machen – aber nach einiger Zeit fühle ich mich nicht mehr wirklich gut und werde knatschig und auch unfair zu anderen. Klar macht man sich immer Gedanken, ob der Aufwand das Ergebnis auch bringt. Ganz oft sind das aber auch Gedanken des inneren Schweinehunds, der gar nicht will, das sich was ändert und entwickelt. Denn das bisher – das ist das Vertraute, Sichere. Veränderungen verunsichern erst mal, aber damit kommt auch eine breitere Sicherheit, die wiederum macht glücklicher.

Scheitern gehört zu den Möglichkeiten des Versuchs. Es macht stark, das Vorhaben trotzdem anzugehen.
Die Sachen, die mir vorher die meiste Angst gemacht haben, waren tendenziell auch die, die das meiste Glücksgefühl erzeugt haben. Ich bin kein Adrenalinjunkie, aber ich bin auch kein Feigling. Mut ist nicht das Gegenteil von Angst, sondern die Überwindung der Angst, die ein ganz normales Gefühl ist. Aber wenn man was in Angriff nimmt, überwindet man dieses Gefühl. Da kommt auch oft diese Hochachtung von anderen her – auch von mir. Ich meine das nicht mal nur beruflich, sondern auch im familiären oder eigenem Seelenbereich.

Ich beobachte im Moment sehr viel in Richtung: was machen wir nach der Arbeitsphase, in meinem Umkreis sind viele schon in Vorrente oder planen die Rente. Ein ganz anderer Lebensabschnitt will gefüllt und oft nicht einfach nur verplempert werden, nachdem man mal lange richtig ausschlafen konnte. Gerade wenn man vorher ständig unter Strom stand, ist die Gefahr nahe, Ersatzsüchte zu entwickeln. Besonders Männer, die Firmen leiten, erzählen mir, dass sie Angst haben, in ein Loch zu fallen und das Adrenalin woanders her zu holen.
Frauen haben Angst, nur noch den Haushalt zu machen und mit oft sehr viel weniger Geld viele Möglichkeiten nicht mehr zu haben, die jetzt Freude bereiten. Das Thema persönliche Entwicklung steht für mich überall im Raum und damit auch die Ängste, die damit einhergehen. Nachdem lange alles mehr oder weniger vertraut war, kommt was gänzlich Neues.

Das mit dem Leben zur Rentenzeit hab ich schon ganz oft gehört (und leider auch ein paar Mal gesehen). Keine schöne Vorstellung. Und ja, die Finanzen spielen auch eine kleine Rolle warum ich mich weiterbilde. Immerhin bin ich vorerst allein, war einige Jahre “nur” Hausfrau und will deshalb im Alter nicht nur von Wasser und Brot leben müssen.

Jetzt schon? Wow. So meinte ich das mit dem Spaß nicht. Aber es ist ja nun mal so, dass ganz viele Leute im Alter eben keinen Spaß mit ihrer Rente haben weil sie wenn überhaupt gerade so über die Runden kommen

@Manu

findest du? Ich kenne jetzt die dir bekannten Leute nicht, aber in meinem Bekanntenkreis scheinen sie glücklich zu sein, obwohl sie sagen, dass das Finanzielle komplett anders ist und ja, bei Treffen im Restaurant ist es bei einigen schwieriger. So ganz knapp, dass sie nicht herum kommen, ist es nicht. Mir ist aber klar, dass das sehr wohl einigen passieren kann. Eine ehemalige Kollegin hat lange ihre Mutter gepflegt und diese Jahre wurden ihr nicht angerechnet. So viel verdient hat sie auch nicht, wir schreiben uns aber. Kontakt muss nicht immer teuer sein. Allerdings sollten wir Berufstätigen das schon im Hinterkopf haben.

Ich erhoffe mir von der Zeit eigentlich mehr Tiefe, Sinn und Genuss am einfachen Sein und meiner Wahrnehmung, weil die äußere Klammer und auch der Zeitbedarf der Arbeit weg fällt. Ich hoffe, dass das auch alles mit sehr viel weniger Geld machbar ist.

Ich bin gespannt, was es mit meiner Partnerschaft macht. Mein Mann ist einige Jahre jünger als ich und muss noch lange arbeiten – und ich bin dann vielleicht immer zu Hause, wenn er kommt und will vielleicht was mit ihm erleben, weil ich ja zu Hause war. Ist das gut oder ist das schlecht? Ich werde es erleben, schätze ich. 😀

Zu detailliert denke ich jetzt auch nicht, aber es ist halt der nächste große Lebensabschnitt und er liegt in Greifweite. Ich freue mich darauf, auch wenn ich noch paar Jahre hab. 🙂

zugegeben: scheint etwas früh, andererseits plane ich nicht mit 67 in Rente zu gehen, sondern deutlich früher – oder zumindest nicht mehr regelmäßig zu arbeiten.

Und ja, die Finanzen sind ein Punkt, aber zumindest Stand heute (man weiß ja nie, was passiert) sind die Einschränkungen überschaubar

Bessere Welt…ich danke den Schülern, dass sie auf die Strasse gehen!
Denn ohne Greta Thunberg und die Bewegung, die sie angeschubst hat, wäre ich weiterhin unaufmerksamer gegenüber der Umweltpolitik.
Diese Bewegung hat es geschafft, dass ich vermehr auf verpackte Lebensmittel verzichte. Jedoch musste ich feststellen, dass Bio-Obst und Gemüse eher in Plastikverpackungen stecken als die herkömmlichen Produkte. Ich achte nun darauf, ob die Verpackung aus recyclten Materialen ist. Ich schaue mich beim Einkaufen bewusster um. Meine Tochter, die seit dem Herbst studiert und nun in einer WG lebt, ist da noch viel besser. Ich denke, sie wird über die Kanäle (Instagram usw.) besser informiert als ich, die dort nicht unterwegs ist und sie sprechen unter einander darüber.
Food waste ist bei Ihnen ein No-go. Sie trinken nicht aus Plastikflaschen oder To-go-Bechern. Selbstverständlich färben solche Dinge auf mich ab.

Und ich denke jede Kleinigkeit hilft unserer Erde!

Bestell deinen Töchtern einen lieben Gruss! Und es hilft, dass sie auf die Strasse gehen!

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