Schöner leben: Abhaken

Ich hatte im Frühjahr in einem anderen Beitrag mal kurz das Thema “Abhaken” erwähnt und in letzter Zeit hat es mich ein wenig verfolgt. Bzw. musste ich mir selbst wieder einen Umgang mit diesem Thema für neue Situationen erarbeiten.

Worum geht es?

Man hält an der Vergangenheit fest. Egal, in welcher Ausprägung. Sei es, dass man in Gedanken tausendmal eine Trennung durchgeht, die man nicht wollte. Oder es gab eine Situation, in der man falsch reagiert hat und es zog einen Rattenschwanz an unschönen Folgen nach sich. Oder man stellt eine Lebensentscheidung in Frage, obwohl man sie nicht mehr ändern kann.

Die Gemeinsamkeit: es ist eine Last. Man schleppt sie mit sich herum und verpasst den jetzigen Moment und überhaupt das Leben. Die Last hindert daran, glücklich zu sein, indem man ganz einfach im Jetzt lebt und schätzt, was man hat. Zum Beispiel eine beste Freundin, die sich nicht zum 100.sten Mal die Geschichte vom Ex anhören möchte. Und man steckt einfach fest in der eigenen Entwicklung. Das Morgen oder Ziele spielen keine Rolle mehr, es geht um die nicht mehr veränderbare Vergangenheit.

Was tun?

Es ändern.

Nicht immer demselben Muster folgen, sondern daraus lernen und einen Schritt in der persönlichen Entwicklung weiterkommen. Dann ist es keine Last mehr sondern Treibstoff für die Zukunft.

Zugegeben: nicht so einfach.

Ich bin kein Coach, Therapeutin oder ähnliches und ich kann auch nur beschreiben, wie ich mit einigen Situationen umgehe.

Aber ein Punkt ist ganz wichtig: sich selbst verzeihen. Egal, was es war – ja, vielleicht hat man richtig Scheiße gebaut. Ich unterstelle jedoch, dass das nicht mit Absicht geschehen ist. Und selbst wenn: es ist zu spät, um es zu ändern. Es gibt nur eine Möglichkeit: daraus lernen, sich verzeihen und weitergehen.

Merke: verzeihen heißt nicht vergessen.

Im Zweifelsfall und je nach Lage ist dabei übrigens auch ein Therapeut hilfreich.

Das liest sich jetzt so einfach und ist doch so schwer. Für mich ist der wichtige Punkt das “Besser machen”. Ich habe in meiner Ehe so einige Fehler begangen (mein Exmann auch), das Ende ist bekannt. Das ist alles nicht schön, da sind zwei Kinder, die ich glücklich sehen möchte. Aber es nun mal so wie es ist.

Der entscheidende Punkt: ich habe mir überlegt, was schief gelaufen ist und ich habe es an einigen Stellen nicht richtig gemacht. Das mache ich jetzt mit dem tollen Mann. Vermutlich wird es da wieder andere Sachen geben, aber wegen Sprachlosigkeit bzw. vermiedener grundsätzlicher Gespräche werden wir uns niemals trennen.

Ähem, dann hätte ich außerdem noch einen handfesten Tipp in Sachen Affären (aus der Singlezeit…): ich weiß noch genau, wie ich Janne am Telefon vorjammerte, dass Herr X. rum zickt und so weiter. Sie meinte dann nur, dass das ja wohl nicht der Mann meiner Träume sei und ich die Kirche mal im Dorf lassen soll. Womit sie natürlich recht hatte, den es war wahrhaftig nicht die große Liebe, sondern ich war schlicht beleidigt, weil doch da tatsächlich jemand meine Genialität nicht sah. Gebt es zu, jetzt lacht ihr auch, oder? Also mal genau nachdenken, ob das wirklich der Mann ist, mit dem man alt werden möchte oder vielleicht doch lieber easy going.

Und wenn es dann vorbei sein sollte, kommt Tipp Nr. 2 (ebenfalls von Janne): bedank dich bei dir für die schöne Zeit, stell die Erinnerung ins Regal und ab und an holst du sie raus, guckst sie an und erfreust dich daran. Und dann wieder ab ins Regal. Das befreit enorm!

Letzteres funktioniert durchaus auch in anderen Situationen.

Und zum Schluss kommt so eine Art Wahlspruch von mir. Den hat mir meine Mutter mal gesagt (neben dem unvergessenen “Männer dürfen alles essen, aber nicht alles wissen”), als ich wegen einer beruflichen Sache kreuzunglücklich war: Man weiß nie, wofür es gut ist.

Liest sich jetzt total blöd. Aber denkt mal darüber nach. Erstens verleiht es der ganzen Situation gleich einen positiveren Anstrich und zweitens denkt man an eine “bessere” Zukunft. Ich mag den Spruch und ich kann nur sagen: ohne Trennung kein toller Mann.

Schwieriges Thema – was meint ihr denn dazu?

11 Kommentare

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Mein Thema, ich bin der totale should have, would have, could have Typ und wenn Vergangenheit gedanklich durchspielen und verändern ein Beruf (und natürlich Realität) wäre , bin ich fest davon überzeugt, ich wäre CEO eines sehr erfolgreichen Unternehmens. Ich weiß es, ich weiß, es tut nicht gut aber trotzdem ist es ein konstanter Gedankenksmpf.
Ich habe mir zwei Mantras ausgedruckt, die ich mir ständig vor Augen halte:

If you can solve your problem, then what is the need of worrying? If you cannot solve it, then what is the use of worrying?

und

“Everything will be okay in the end. If it’s not okay, it’s not the end.”

Damit hole ich mich in’s hier und jetzt zurück und nehme die Dinge, wie sie sind, wenn ich sie nicht ändern kann.

Guten Morgen,
Mit der Vergangenheit hadere ich nicht, die ist nicht zu ändern, aber man muss daraus lernen.
Mich treibt die Gegenwart und die nahe Zukunft um und weckt mich Nachts auf. Ich bin stets so bemüht die Weichen richtig zu stellen, dass es mich meiner Spontanität beraubt. Ich sehe das Dilemma und kann mich doch nicht dagegen stemmen.
Wenn ich denn nach all der Grübelei eine Entscheidung gefällt habe, dann stelle ich sie allerdings nicht mehr in Frage.
Ob rückwärts oder vorwärts grübeln – Beides ist anstrengend. Und wie du schon sagst, wenn das Leben dir in deinen schönen Plan reingrätscht, dann war die ganze Sorgerei umsonst.
LG Lisbeth

Danke Irit, das ist ein wirklich schöner und relevanter Beitrag. Bei mir sind erfahrungsgemäß zwei Dinge wichtig: Ich muss erst mal verstehen, was falsch gelaufen ist – und hierbei ist vor allem wichtig, was mich persönlich daran so sehr stört. Ich kann oft etwas erst gedanklich loslassen, wenn ich es analysiert habe und irgendwie zu einer Erklärung gekommen bin. Sonst kreisen meine Gedanken immer weiter, aber ich fühle mich nur schlecht damit. Also: Durchdenken, hinterfragen wie man sich eigentlich fühlt. Und dann geht es mit dem weiter, was Du hier so schön beschrieben hast: Bewusst abhaken. Ich neige auch dazu, in einem Gedankenkarussel zu fahren, aber wenn ich erst mal verstanden habe, was falsch gelaufen ist, dann sollte ich nicht mehr ständig negativen Gedanken nachhängen, weil das ja auch nichts mehr bringt. Aber verrückterweise muss ich mich selbst oft dazu ermahnen, jetzt nicht an diesen blöden Typen oder dieses doofe Gespräch zu denken. Nach einer Weile tue ich das dann auch nicht mehr, aber insbesondere, wenn es noch frisch ist, muss ich mich oft selbst ein bisschen am Riemen reißen. Nach einer Weile verschwindet das Problem dann aber einfach von alleine.

Ein schönes Wochenende noch mit sowohl tollen Töchtern als auch tollem Mann! 🙂

Mir geht es auch so.

Ich muss erst wissen, was gelaufen ist. Da ich dazu erst mal selber Abstand brauche, dauert das einige Zeit. Bei mir funktioniert es am besten, wenn ich mal auf die ganze Situation gucke, als ob ich einen Film mit fremden Darstellern sehe. Geht auch erst nach einiger Zeit, allerdings finde ich den ersten Schritt, raus aus der Situation, auch erstmal ausreichend und Voraussetzung zur Aufarbeitung.

Letztlich hilft mir aber immer der Gedanke, dass es toll ist, wenn etwas lange funktioniert, aber dass es keineswegs die Regel ist, oder man sogar einen Anspruch darauf hat, das ist in der Liebe, auch Ehe, Arbeit, Gesundheit und überhaupt bei allen Sachen im Leben so. Ist der Anspruch weg, kommt man auch besser mit Veränderungen klar und ohne die Opferrolle findet man sich eigentlich immer in einer besseren Situation wieder als vorher, oder besser vielleicht: einer passenderen, die Lethargie auflöst und wieder lebendig macht.

Ja, es ist im Moment traurig, bis dahin schöne Dinge zu Ende gehen zu lassen, die am Ende nur mit Kraft passten, aber wir wissen auch: das wird nicht mehr so weiter gehen. Das lange Festhalten macht alles schlimmer und beschädigt mit der Zeit sogar das, was gut war. Kann man sich selbst schlechter behandeln? Wohl kaum.

Liebe Iridia,

das mit dem Anspruch finde ich unglaublich hilfreich – danke dafür, das bringt mich auch weiter. Und ja, stimmt, das Durchdenken und dann Verstehen ist bei mir auch in der Regel erst mit einigem Abstand möglich. Daher ist der erste Schritt wohl erst mal: Raus aus der Situation und Abstand gewinnen. Und dann später mit einem klareren Kopf und mehr Energie darüber nachdenken.

Da bin ich zum Glück etwas anders. Ich hake Dinge relativ schnell ab…
Was gestern war interessiert mich schon nicht mehr.
Weiterer Vorteil dieser Einstellung: ich bin auch nicht nachtragend.

Ich glaube zwar, dass man so eine Gelassenheit bestimmt auch irgendwie trainieren kann, aber am Ende steckt sie irgendwie in den Genen…

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