Die protestantische Tugend der Sparsamkeit habe ich von klein auf gelernt. Das Sparbuch mutierte irgendwann zum Festgeldkonto und so weiter. Aber was passiert eigentlich mit dem “Wunschkonto”, wenn man mehr Geld verdient?
Ich vermute mal, dass alle außer den direkten Nachfahren von Mahatma Gandhi und reichen Erben eine Liste mit den Dingen hatten, die man dann mal gerne haben wollte, wenn man “erwachsen” (=beruflich etabliert) ist.
Ich träumte früher von Designermöbeln. Erinnert ihr euch an “9 1/2 Wochen” mit Kim Basinger und diese unglaubliche Wohnung mit dem Tapedeck von Nakamichi? Als echtes Kind der 80er bin ich bis heute fasziniert. Ich weiß auch noch genau, wie ich von meinem ersten Gehalt den kleinen Rundumschlag in der Parfümerie machte und mir Chanel Foundation, Shiseido Lidschatten und so weiter kaufte.
Und so ging es dann (in Maßen) weiter. Nur bei Kleidung, da konnte ich noch nie einsehen, viel Geld zu investieren. Vermutlich weil mir zum einen alles wirklich teure schlicht nicht passt (woran auch eine Diät nichts ändern würde, die Schultern bleiben 52 cm breit und passen nirgends rein), zum anderen… ich mag es nicht. Ich war schon immer ein Fan von schwarzen Hosen und T-Shirts.
Dann wurde mein Leben ordentlich durchgerüttelt und ich erkannte auf mich allein gestellt, dass ich im Grunde meines Herzens ein Minimalist bin. Ja, ich habe mir vom ersten mit dem Geld verdienten Blog Louboutins gekauft. Ich trage sie so gut wie nie, weil sie mir zu schade sind (dazu muss ich auch nochmal was schreiben). Ja, ich habe auch eine Rolex. Na gut, zwei. Die zweite war schon wieder so ein Wahnsinnskauf und die kommt demnächst weg, ich ziehe sie schlicht nie an. Aber: meinen Modeschmuck von H&M und Co mag ich auch. Ich mag meine Kleidung von H&M, aber auch meine geerbten Pelzmäntel. Mein Ikea Geschirr (diese weiße 365+ Serie ist einfach schön und außerdem unglaublich praktisch), aber auch Riedel Gläser.
Beim Nachdenken darüber, was mich eigentlich zu welchem Wunsch treibt und wovon ich mich ohne Probleme verabschiede, fiel mir irgendwann auf, dass ich relativ unabhängig von anderen geworden bin. Ich trage, benutze, habe, was ICH mag und was ICH schön finde. Mir ist egal, was andere als Standard ansehen oder was man sich leisten kann oder haben müsste.
Das ist mein Leben und das lebe ich so, wie ich möchte.
Einen Luxuswunsch habe ich aber noch… Zeit. Ich arbeite dran.
4 Kommentare
Ich würde mich jetzt nicht so ganz als Minimalist bezeichnen, aber ich bin in meinem Konsumverhalten auch nicht von anderen Meinungen abhängig, sondern investiere in das, was mir Spaß macht bzw. was ich schön finde und nicht, was grade en vogue ist (abgesehen von meinem neuen Handy, aber das ist eine andere Geschichte…) Ich habe ein Faible für Ohrringe und Uhren und trage sie auch alle…. Ich habe sie mir bewusst gegönnt und einige der Stücke sind speziell angefertigt worden, also nur für mich….. das ist meine Form von Luxus 🙂 Den allergrößten Teil habe ich auch selbst gekauft – der Gatte versteht das Konzept nicht so ganz (“Wofür brauchst Du das denn?” – völlig falsche Frage 🙂 brauche ich nicht, aber mag ich…)
Von der Vorstellung, Sachen zu schonen / nicht zu nutzen, weile sie teuer waren und abgenutzt werden oder leiden könnten, habe ich mich schon lange verabschiedet. Was soll es denn im Schrank? Ich habe es zur Nutzung gekauft, also wird es auch genutzt 🙂
Von meinem ersten Geld habe ich mir einen sündhaften teuren Body in hellblauer Spitze gekauft. Ich stand damals auf schöne und leider auch teure Dessous.Heute trage ich am liebsten komfortable Unterwäsche. Man wird halt älter.
Ich finde, es muss nicht immer mehr sein, nur weil es geht. Ich hatte viele Jahre meines Lebens sehr wenig, war alleinerziehend zu einer Zeit, als die Betreuungsangebote für Kinder noch deutlich schlechter waren als heute – wobei sie auch jetzt noch nicht optimal sind – und mußte sehr oft jede Mark dreimal umdrehen, bevor sie ausgegeben wurde. 1983 habe ich als Mutter von 2 Kindern mit Vollzeitjob allein, d.h. ohne Mann, ein Haus gebaut. Ich weiß nur zu gut, was Sparen bedeutet.
Heute genieße ich es sehr, dass ich in einer finanziell (und auch sonst) entspannten Situation leben darf, und all die Wünsche, die ich als junge Frau hatte und mir nicht erfüllen konnte, bedeuten mir heute nichts mehr, Kosmetik und Wohnen ausgenommen.
Schmuck hat mich nie interessiert, Kleidung habe ich genug, Reisen in exotische Länder sind aus gesundheitlichen Gründen ausgeschlossen und reizen mich auch nicht wirklich. Vor 5 Jahren haben wir – inzwischen ist auch bei mir der tolle Mann dazugekommen – das Haus meinem Sohn mit Familie überlassen und wohnen in einer überschaubaren, stets aufgeräumten und sehr komfortablen Mietwohnung. Na ja, fast immer aufgeräumten….
Diese Form der Unabhängigkeit allein ist für mich schon Luxus. Ein Haus, insbesondere mit großem Garten, ist immer auch Arbeit ohne Ende. Heute kann ich mich mit Dingen beschäftigen, die mir Freude machen, z.B. Blogs lesen und anschließend die besprochenen Produkte kaufen?.
Ich persönlich finde viel Zeug um mich herum oft auch belastend. Bei mir war dahingehend Weniger eindeutig Mehr.
Liebe Grüße, Irene
Ist schon merkwürdig, wie man sich im Lauf der Jahre verändert, oder? Reusper, ich mag auch am liebsten bequeme Unterwäsche 😀
Ursula, du hast völlig recht, nächste Woche trage ich mal meine Louboutins im Büro. So.
Irene: ja, viel Besitz ist immer viel Arbeit und Verantwortung. ICh werde mich irgendwann auch mal deutlich kleiner setzen…