wie frau mit leichter Hand und eindringlich verdichteter Sprache große Geschichten erzählt. Dörte Hansen zeigt uns das in diesem Buch.
1945 kommt Vera als Fünfjährige mit ihrer Mutter auf der Flucht aus Pommern in ein Bauernhaus an die Elbe. Der Empfang ist gelinde gesagt unfreundlich – “Polackenkind” ist noch die freundlichste Bezeichnung für sie. Aber Vera bleibt in dem alten Haus. Sie bleibt, als ihre Mutter geht, weil sie mit dem kriegsversehrten Sohn des Hauses nicht verheiratet bleiben will und sich mit ihrem neuen Mann ein neues Leben mit einer neuen Tochter in Blankenese aufbaut. Sie bleibt in dem alten Haus, das ihr unheimlich ist mit seiner Geschichte, fast lebendig. Sie bleibt in dem Dorf, wird Zahnärztin, hält Pferde und hilft dem kriegsversehrten Stiefvater durch sein Leben und schließlich in den Tod.
In aufrichtiger Feindschaft den Nachbarn verbunden, überhaupt außerordentlich preußisch aufrecht. Sie wird älter, das Haus wird älter. Und plötzlich steht Anne vor der Tür, die Tochter ihrer Halbschwester, aus ihrem Leben geworfen von einer anderen Frau, mit ihrem kleinen Sohn, und Vera nimmt sie auf. Es zeigt sich, dass die Karten anders gemischt sind als offenkundig – Vera ist gar nicht ausschließlich die verlassene Tochter, nein, sie ist die, der die Mutter unzählige Briefe geschrieben hat, die von ihrem Leben in Pommern erzählen, von denen die anscheinend privilegierte Schwester überhaupt nichts wusste. Und Vera und Anne finden etwas, womit keine gerechnet hat, eine Familie, die zusammensteht in Liebe. Und das Haus gesundet, wird behutsam renoviert. Und entspannt sich ebenso wie seine BewohnerInnen.
Dörte Hansen kann mit Sprache umgehen, das es nur so scheppert. In wenigen Worten Gefühle ausloten, Charaktere beschreiben. Sie ist unglaublich witzig – ich habe oft zurückgeblättert, um manches nochmal zu lesen. Das mache ich sehr selten. Ich liebe dieses Buch, habe es verschenkt, werde es noch weiter verschenken, und ich hoffe, dass auch ihr euch darauf einlassen könnt. Viel Spaß!
5 Kommentare
Oh wie schön, genau das brauche ich jetzt. Die Leseprobe war schon vielversprechend.
Danke für den tollen Buchtipp! Ich wäre auf das Buch alleine nicht gekommen, aber das ist bei uns mit Sicherheit auch etwas, das an Mutter, Schwester und Tanten weitergereicht wird.
Klingt, als ob mir dieses Buch gefallen wird. Happy End für renovierte alte Häuser sowieso 😉
Janne, du hast es so toll beschrieben! Ich habe es genossen und schon einmal weiterverschenkt. Ein klasse Buch – unbedingt lesenswert.
Tolle Beschreibung, vielen Dank. Ich hatte es mir darauf hin gekauft habe allerdings noch nicht begonnen. Mich fesselt derzeit Jorge Bucay mit “Wer bin ich, wohin gehe ich und mit wem” – allerdings kein Roman eher was für den Selbstfindungstripp, aber ich kann seine Bücher durch die Bank empfehlen. Ich freue mich nach der Beschreibung noch mehr mit dem Lesen zu beginnen.