wer hat sich nicht gefragt, was nach “Gut gegen Nordwind” und “Alle sieben Wellen” noch Tolles kommen soll? Es gab ja auch noch “Ewig Dein”, eine Art Stalker-Thriller, der mich nicht begeistert hat. Nun aber dieses Buch.
Ich habe ihm noch eine Chance gegeben, und ich bin froh darüber. Vielleicht hätte ich es nicht getan, wenn ich nicht meine vierteljährliche Bestellung bei Bertelsmann hätte machen müssen (sonst schicken sie einem den ausnahmeslos unsäglichen Titel des Quartals, das will ich nicht noch mal erleben!), aber wie gesagt, ich bin froh darüber. Es lag ein Weilchen hier herum, aber dann habe ich es doch angefangen und nicht mehr als der Hand gelegt, bis es aus war (zum Glück war Wochenende und die Sonne schien auf die Terrasse).
Daniel Glattauer kann wunderbar erzählen. Er liebt die Sprache und sie fügt sich ihm. So wunderbar unverwechselbar wie der Duktus der Nachrichten von Emmi und Leo ist auch die lakonische Sprache dieses Romans. Seine Hauptfigur, ein gescheiterter Journalist namens Gerold Plassek, einst mit großen Hoffnungen bei der Süddeutschen Zeitung angetreten, nunmehr bei einem kostenlosen Stadtteilblättchen gestrandet und bestens mit dem Alkohol befreundet, kennt kein Selbstmitleid, sondern nur die schonungslose Schilderung seines Lebens. Auch als ihm plötzlich ein 15jähriger Sohn von dessen Mutter buchstäblich auf den Schoß gesetzt wird, weil diese einige Zeit im Ausland verbringen wird, meutert er nicht, sondern nimmt diese Aufgabe an. Zeitgleich beginnen (nach einer wahren Geschichte) großzügige Spenden einzugehen bei Menschen und Institutionen mit Problemen, die alle eins gemeinsam haben: Plassek hat über sie berichtet. Wie er und sein Sohn sich zunehmend annähern, während sie dieser Geschichte auf die Spur zu kommen versuchen, gehört zu den wirklich rührenden Geschichten im Leben.
Ich habe mich köstlich amüsiert, und ich kann auch dieses Buch mal wieder rückhaltlos empfehlen – es ist auch, wo doch die Weihnachtszeit naht, eine gute Geschenkidee für jung und alt.
1 Kommentar
Liebe Janne,
da haben wir wieder mal dieselbe Erfahrung gemacht. Nach mehreren belanglosen Büchern wollte ich Glattauer eigentlich von der Liste der interessanten Autoren streichen, dann lag “Geschenkt” doch auf dem Stapel der zu lesenden Bücher, und als ich ihn dann in Angriff genommen hatte, war ich sehr angetan. Kein literarisches Meisterwerk ( aber die sind ja eh selten), aber spannend, sehr flüssig geschrieben, frei von Pathos.
Eine Empfehlung noch: Robert Seethaler: Ein ganzes Leben.
Trotz der Empfehlung der undifferenziert lobenden Ch. Westermann ein lesenswertes Buch, auch mein Mann, der selten unter Literaturpreisniveau liest, mochte es.