manchmal bin ich auch bei Büchern ein Lemming. Besonders wenn ich dann zufällig die englischsprachige Originalausgabe in die Hände bekomme, und so las ich dieses Buch von Dave Eggers.
Spannend, ja, ich habe zwei Abende gebannt gelesen. Unterhaltsam, ja. Und ganz schrecklich.
Huxleys »Schöne neue Welt« reloaded: Die 24-jährige Mae Holland ist überglücklich. Sie hat einen Job ergattert in der hippsten Firma der Welt, beim »Circle«, einem freundlichen Internetkonzern mit Sitz in Kalifornien, der die Geschäftsfelder von Google, Apple, Facebook und Twitter geschluckt hat, indem er alle Kunden mit einer einzigen Internetidentität ausstattet, über die einfach alles abgewickelt werden kann. Mit dem Wegfall der Anonymität im Netz – so ein Ziel der »drei Weisen«, die den Konzern leiten – wird es keinen Schmutz mehr geben im Internet und auch keine Kriminalität. Mae stürzt sich voller Begeisterung in diese schöne neue Welt mit ihren lichtdurchfluteten Büros und High-Class-Restaurants, wo Sterneköche kostenlose Mahlzeiten für die Mitarbeiter kreieren, wo internationale Popstars Gratis-Konzerte geben und fast jeden Abend coole Partys gefeiert werden. Zunächst etwas irritiert über die Vehemenz, mit der der circle sie vereinnahmt und offensiv zu jeder Stunde befragt, in der sie keine Kurznachrichten geschrieben und nicht auf dem Campus gewesen ist, wird sie schnell zur Vorzeigemitarbeiterin und treibt den Wahn, alles müsse transparent sein, auf die Spitze. Auch wenn sich in ihrem Leben durchaus auch die anderen Seiten dieser schönen neuen Welt zeigen.
Das Problem ist bekannt, und ich bin mir darüber im Klaren, dass es immer viele Argumente für Transparenz gibt, dass diese besonders vehement von Konservativen und Kriminalern kommen, sollte doch jedem zu denken geben. Grenzenlose Überwachung ergibt grenzenlose Unfreiheit, nicht etwa Sicherheit.
Aber was an dem Buch wirklich schrecklich war? Die Schilderung des Alltags der Heldin, die mit einer Kamera um den Hals, die ihr ganzes Leben online stellte, an nicht weniger als acht Bildschirmen gleichzeitig arbeitet, während auf zwei Armbändern rechts und links ihre Nachrichten und Gesundheitsdaten einlaufen. Sie schreibt hunderte Kurznachrichten, beantwortet am Tag über ein Headset über 1000 Anfragen aus der Werbung und beantwortet möglichst alles, was ihr geschickt wird.
Das ist für mich persönlich die Vorstellung der Hölle: Online 20 Stunden am Tag und ununterbrochen gefilmt werden, während Nachrichten und Anfragen auf mich einprasseln…
Lesenswert, ja. Ich habe gleich mal mein iPhone ausgemacht und bin ins Bett gegangen. Ohne Kamera. Ohne Armband.
2 Kommentare
Ich habe es gerade ausgelesen und bin noch ganz aufgewühlt. Was ein Horror.
das habe ich meinem Sohn vor kurzem geschenkt.
Er ist begeistert!
werde es sobald er damit durch ist, auch lesen!