bitte dieses Buch von Giaconda Belli nur anfassen, wenn ihr auch Zeit habt, es zuende zu lesen, denn es ist schwer, es wieder aus der Hand zu legen. Die bewohnte Frau erzählt die Geschichte einer jungen, aus der privilegierten Aristokratie stammenden Frau im Nicaragua der siebziger Jahre, als sich die Sandinisten gegen die Somoza-Diktatur letztlich erfolgreich erhoben.
Alleine das ist schon eine spannende Geschichte, wie die eher unbeschwerte, fast ein wenig oberflächlich dargestellte Frau allmählich erwacht und um sich herum Armut, Unterdrückung und Unfreiheit erkennt, die sie natürlich selbst zunächst gar nicht betrifft, da sie reich, unabhängig, gebildet und frei ist.
Das ist aber noch nicht alles, Giaconda Belli (die ich schon lange vor allem wegen ihrer kraftvollen Lyrik bewundere) hat das Buch Die bewohnte Frau genannt, weil sie auf einer anderen Ebene gleichzeitig noch den Kampf der Ureinwohner Nicaraguas gegen die spanischen Eindringlinge schildert. Das ist nicht nur informativ, sondern auch durch die Erzählweise äußerst beeindruckend. Sie wählt nämlich die Gefährtin des damaligen Häuptlings als Ich-Erzählerin, die mittlerweile als Orangenbaum oder in einem Orangenbaum die junge Architekten beobachtet/beeinflusst/stärkt und dabei von ihrem langen und letztlich erfolglosen Kampf berichtet.
Ich kann dieses Buch nur nachdrücklich empfehlen, denn so angenehm und eindrücklich ist mir Kolonialgeschichte und neuere Geschichte Südamerikas verbunden noch mit einer berührenden Liebesgeschichte und dem Feminismus noch nie vermittelt worden.