Bin ich jetzt (zu) liberal oder spinnen die alle?

Beliebtes Aufregerthema bei mir: die Homoehe. Ich bin zwar selbst nicht betroffen, aber das macht ja nichts. Ich verfolge die Debatte jetzt schon länger und ich kann nur den Kopf schütteln über die Homophobie in diesem Land. Warnung: was dieses Thema angeht, bin ich ultraliberal. 

Angefangen mit Frau Merkel, die ein ungutes Bauchgefühl hat, wenn gleichgeschlechtliche Partner Kinder aufziehen. Aha. Ich habe ein ungutes Gefühl, wenn religiöse Fanatiker oder Dummköpfe egal welcher Couleur Kinder aufziehen.

Die Volksabstimmung in Irland fand ich sehr cool. Das ist immerhin das Land mit einem Abtreibungsverbot (außer bei Lebensgefahr für die Mutter) und allzu lange sind Verhütungsmittel auch noch nicht frei erhältlich. Respekt.

Bei uns tummeln sich hingegen Menschen wie Frau Kramp-Karrenbauer, die die Homoehe mit Inzest und Vielweiberei/männerei (das hatte aber bisher noch keiner auf der Agenda – wäre ja mal ein Modell…) bringt.

Schön fand ich in diesem Zusammenhang die Umfrage vom “Postillion” (Link dazu):

Was spricht gegen die “Ehe für alle”?

  • In der Bibel bezeichnet Gott Homosexualität ganz klar als todeswürdiges Verbrechen (3. Mose 20, 13). Entschuldigen Sie mich bitte. Ich werde jetzt eine Frau vergewaltigen und sie ihrem Vater anschließend für 50 Silberstücke abkaufen (5. Mose 22, 28-29).
  • Bloß nicht! Sonst hab ich keine Ausrede mehr, warum ich meinem/meiner Partner/in noch keinen Antrag gemacht habe.
  • Homo-Ehe, nein danke! Sobald sie verheiratet sind, vermehren sich Schwule und Lesben wie die Karnickel und wir Normalen sterben aus.
  • Die Kosten für Kleid, Torte und Hochzeitsband.
  • Hätte Gott gewollt, dass Männer mit Männern und Frauen mit Frauen rummachen, dann hätte er ihnen einen freien Willen und Genitalien gegeben.
  • Wie soll ich so etwas bloß meinen Kindern erklären, ohne dass ihr Blut anfängt zu kochen und ihr Kopf explodiert?
  • Nichts.
  • Wie sonst soll ich denn als Bundeskanzlerin, der eigentlich alles wurscht ist, das konservative Profil der Union schärfen?
  • Die Homo-Ehe verstößt gegen die Scharia. Inshallah!
  • Ich bin hetero und grundsätzlich gegen jede Gesetzesnovelle, von der ich persönlich nicht wirtschaftlich profitiere.
  • Ich habe Angst, dass sich mein/e Mann/Frau sofort von mir scheiden lässt, wenn er/sie endlich seinen/ihren schwulen/lesbischen Liebhaber/in heiraten darf.
  • Wer die Ehe für Homosexuelle will, der will auch die Ehe für Orks, Dementoren und Ferengi (frei nach Annegret Kramp-Karrenbauer).

Ich überlege die ganze Zeit, was ich am besten finde. Ferengi ist ganz weit vorn.

Ich denke, ich muss nicht ausführen, dass ich für eine völlige Gleichberechtigung bin.

Neuerlicher Höhepunkt der Homophobie ist aber (wer sonst?) die AFD. In Wien gibt es seit neuestem Ampeln mit hetero- und homosexuellen Paaren statt Ampelmännchen. Finde ich witzig. Nun bin ich mal gespannt, ob es das demnächst auch in Hamburg gibt. Die AFD befürchtet zwar, dass sich muslimische Gläubige beleidigt fühlen könnten. Aber so what? Da interessiert es schließlich auch niemanden, ob irgendjemand Kopftücher, Burkas (Burkinen? wie ist da eigentlich die Mehrzahl) und ähnliche absurde religiöse Auswüchse gut findet oder nicht. Letzten Endes geht es doch nur um das traditionelle Familienbild Vater-Mutter-Kind (Wichtigkeit in dieser Reihenfolge) und bloß nicht vielfältig werden.

Bäh, ich rege mich schon wieder auf. Wir brauchen viel mehr Menschen wie den Luxemburger Premier.

18 Kommentare

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Gar nicht so einfach. Es gibt im Leben eines jeden Situationen, die man einfach nicht verstehen kann oder will. Nicht jeder kann Sachen akzeptieren, die sich dem Verständnis und der durch Erziehung geprägten Denkweise entziehen. Unsere halbliberale Gesellschaft lässt schon sehr viel zu und doch wird von allen Seiten an unseren Traditionen und unserem Verständnis von Recht und Ordnung gegraben, ausgehölt und unterwandert. Irgendwie verlangt jeder sein Recht, sein Verständnis von Ordnung soll durchgesetzt werden. Und das Geschrei darüber, wenn die einen etwas dürfen, was den anderen untersagt ist finde ich unerträglich. Ich denke, dass die von Dir angesprochene Homophobie einerseits dadurch entsteht, dass gefühlsmäßiges Unverständnis besteht und andererseits Angst aufkommt, wer denn dann als nächstes das Anerkenntnis der Ehe verlangt: die, die mehrere Partner lieben und damit glücklich sind? Die, die familiär gern unter sich bleiben wollen und lieber ihre Geschwister heiraten? Oder die mit den Orks … Jeder schreit laut und WILL … Und über die reg ich mich auf.
Ist doch merkwürdig, dass so viele hier leben wollen, aber dieses System akzeptieren und damit leben wollen sie dann doch nicht. Wenn mich die Tradition eines anderen Landes total in ihren Bann zieht und ich gern genau so leben möchte, wieso gehe ich dann nicht dort hin und lebe so. Warum muss es überall multikulturelle Schmelztiegel geben, die aus allem Schönen ein Wischiwaschi machen?

Mal ehrlich…niemand will sich sein Leben vorschreiben lassen! Richtig! Wir leben alle nur einmal (ich weiss jedenfalls nix gegenteiliges) und jeder sollte das nach seiner Glückseligkeit dürfen.Diese ganzen Diskussionen darüber wer mit wem darf und wer nicht sind völlig überflüssig.Es gibt wichtigeres auf der Welt worüber man sich aufregen und diskutieren kann!

Ich mache nur Unterschiede im Bereich nett oder nicht nett.
Ansonsten ist es mir schlichtweg gleich wie jemand verheiratet ist, ich sehe hier keinen Unterschied.
Ein guter Schwiegersohn oder eine gute Schwiegertochter sollen mir gleich willkommen sein.
Wichtig ist das eigene Glück.
Das Einzige was mich leicht irritiert ( ich bitte um Ausbesserung falls ich mich irre, dann weiß ich es einfach nicht besser ) ist der Umstand das alle Adoptivkinder von männlichen Homosexuellen die mir je untergekommen sind Bübchen waren.
Warum dies?
Oder kennt ihr jemanden der ein Mädchen adoptiert hat?

Ich bitte nochmals um Entschuldigung falls ich jemandem zu nahe getreten bin..

Liebe Irit, sehr schöner Artikel und mir aus der Seele geschrieben. Es ist schon der Wahnsinn, worüber in diesem unserem Land und in so vielen anderen tatsächlich diskutiert wird. Da hilft nur einer meiner Lieblingssprüche: Jeder will individuell sein, aber wehe du bist anders.
Ich wünsche dir einen wundervollen Tag, liebe Grüße Michaela

Tja Kinders, das mit den mehreren Partnern nennt sich Polyamory und hat hier in Belgien ein breiter wachsendes Forum. Ich meine, auch in Deutschland schon mal von einem Piraten-Politiker gehört zu haben, der sich offen dafür einsetzt. Also Leute, die Forderung wird auch da kommen und hat NIX mit Polygamie im muslimischen Sinne zu tun. So what? Und wieso auch nicht? Auch hier würde eine grössere Akzeptanz viel Leid ersparen.

@katharina: was möchtest du uns mit deinem rundumausguck eigentlich sagen? und vermischt du da nicht ein paar themen gleichzeitig??

@cassandra: klar, du möchtest niemandem zu nahe treten, aber der gedanke geht doch in eine klare richtung. wenn mir dieser gedanke gekommen wäre, hätte ich zuerst einmal meine wahrnehmung auf den prüfstand gestellt, und hätte vielleicht erst dann eine dermaßen seltsame frage in den raum gestellt. ich habe das gefühl, du hast (oder glaubst es zumindest) noch nie ein wort mit einem homosexuellen menschen gewechselt! ich möchte jetzt hier auch weissgott nicht psychologisieren, deshalb enthalte ich mich mal ab hier. 😉

Hej Pjotr, es geht mir eigentlich mehr ums liberal sein und was es aus uns macht. Die Homoehe ist für mich gar kein Aufreger, unsere schwulen Freunde sind verheiratet und haben sich noch nie über diese Situation aufgeregt oder beklagt, von da her denke ich, dass vieles von Menschen hochgepusht wird, die immer “ich will aber …” schreien. Das ist das, was mich aufregt und das ist das, was meiner Liberalität Grenzen setzt auch in Hinblick auf unser Land und unsere Traditionen. – Kurz ich wollte das Thema “Liberal” aufgreifen und hab mich nicht auf die Homoehe versteift. LG

Ich frage mich da ja immer, welches “traditionelle Familienidyll” wohl gemeint ist?! Das, wo Mama und Papa Crystal nehmen und weder Jugendamt noch sonstwer die Kinder rausholen darf und beschützt? Oder das geldgieriger Männer und Frauen in Scheidung, welche ihren Frust auf den/die Ex und das nicht abgezahlte Eigenheim auf ihre Kindern übertragen? Alles in der Nachbarschaft erlebt. Es gibt jedenfalls Kinder, denen würde ich eine schöne Kindheit bei einem homosexuellen Paar von Herzen wünschen. Und sonst darf von mir aus heiraten, wer will, wenn’s glücklich macht. Ich hab ja auch geheiratet 🙂

Allein die Tatsache, dass die Homoehe thematisiert wird, finde ich befremdlich. Weshalb, bitteschön, soll denn eine vor dem Gesetz legalisierte Verbindung vom Geschlecht abhängig sein? Es ist einfach absurd!

Ich hoffe, dass demnächst eine Zeit anbricht, in der die Homophobie kein Forum mehr für Diskussionen und Feindlichkeit oder Verabschiedungen von Gesetzen bietet. Und dann werden sich auch die Homosexuellen in unserer Mitte nicht mehr in Szene setzen müssen, um sich Gehör und Respekt zu verschaffen oder selbst zu Randgruppen formieren müssen. Ja Kinder, wo leben wir denn? Haben wir denn keine wirklichen Probleme?

Viele Grüße aus dem “ach so liberalen Berlin” 😉

Ich wundere mich bei vielen Themen (Geschlechterrollen, angeblich “traditionelle” Familie, echte Gleichberechtigung von verschiedenen Lebensmodellen usw.), dass wir im Jahr 2015 leben und viele Menschen engstirniger und rückwärtsgewandter scheinen als, sagen wir, 1995.

Ich möchte den Schmuddelgedanken schon weit von mir weisen, ich glaube nicht das ein Homosexueller Mann/ Frau gleich pädophil ist!!
Das habe ich nicht geschrieben und auch nicht gemeint und hier denkt der Schelm!!!
Mir fällt nur das Phänomen auf das homosexuelle Männer bei Adoption nur Jungs adoptieren, und ich verstehe nicht warum???
Sind Mädchen schlechter oder was?
Ist ein gesundes Kind nicht gleichwertig?
Mir hier etwas zu unterstellen ( wenn man sich meinen Post genau durchliest !!) ist auch sehr schmuddelig!!
Und schließlich kann ( siehe Woody Allen )nsowas auch bei Heteros passieren.

naja, die Formulierung “Bübchen” war schon etwas missverständlich

soweit ich weiß, kann man sich bei einer Adoption auch nicht so richtig aussuchen – aus eigener Anschauung kann ich nichts beitragen, ich kenne persönlich kein schwules Paar mit adoptiertem Kind

Ich denke, wir sollten es denn auch dabei belassen

Ferengi heiraten so weit ich weis, wie es bei denen mit der Homo Ehe aussieht weis ich allerdings nicht 😉
Ansonsten sprichst du mir mit deinem Text aus der Seele Irit. Menschen, sind Menschen, sind Menschen. Vor dem Gesetzt ist jeder Mensch gleich. Das gilt aber nicht für die Entscheidung wen ich zu lieben habe und wem ich aus freien Stücken ein Versprechen geben will? Wie behämmert ist das bitte?

Jetzt musste ich doch tatsächlich googeln, wer Kramp(f)-Karrenbauer ist. Gut, die kommt aus dem Saarland, weit weg von mir. Aber immerhin, sie ist Ministerpräsidentin. Hat sie das verdient? Ich denke eher nicht. Schade, dass die Saarländer eine Frau mit solch einer hinterletzten Einstellung dazu gemacht haben. Hat die ernsthaft Ferengi ins Spiel gebracht? Unglaublich.

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