Zwölf Leben – ist das nicht fast zuviel, oder (von Janne)

ist es genau richtig? In diesem wunderbaren Buch von Ayana Mathis ist es genau die richtige Menge – es handelt sich um die zwölf Kinder von Hattie und August, einem schwarzen Paar, das aus dem Süden der USA in den Norden zieht in der Hoffnung, dort dem alltäglichen Rassismus der Südstaaten zu entkommen.

Philadelphia ist der Name der Hoffnung, und Philadelphia nennt Hattie ihren erstgeborenen Zwillingssohn, seine Schwester heißt Jubilee. Darin drückt sich die Hoffnung der siebzehnjährigen Mutter aus, dass nun alles gut oder zumindest besser wird. Es wird es nicht, denn die beiden Zwillinge überleben den ersten Winter im Norden nicht. In den Zeiten vor Antibiotika (1925) versterben sie in Hatties Armen an Lungenentzündung. Auch August erweist sich Zeit ihres Lebens als große Enttäuschung, er arbeitet nicht genug, vertrinkt und verspielt das Familieneinkommen und nötigt Hattie zu einem Leben am Rande der Armut.

Hattie wird noch zehn weitere Kinder bekommen, aber kaum etwas von ihren Hoffnungen wird sich erfüllen. Schmerz über Versagen und Schicksalsschläge überschattet Hatties Dasein. Und der ewige Kampf, für alle Kinder Essen, Schuhe und Bildung zu erlangen. Dieser Schmerz und dieser Kampf schreiben sich, wie soll es anders sein, in der Generation von Hatties Kindern fort.

Wunderbar ist die Art, wie Mathis erzählt: Es sind einzelne Geschichten um jeweils die Zwillinge und die anderen Kinder, in denen ihre Kämpfe geschildert und gleichzeitig en passant von der Ursprungsfamilie erzählt wird. Jede Geschichte ist für sich vollkommen, aber erst zusammen ergeben sie die Sage. Da ist der Sohn, der gegen seine Homosexualität kämpft, die Tochter, die sich soweit zurücknimmt, dass der Leser sich fragt, ob sie verschwinden wird, weil sie die Missbrauchsgeschichte ihres Bruders, die sie miterlebt hat, nicht ertragen kann. Da gibt es den nach einer schweren Verbrühung entstellten Bruder, der seinen Weg in den schwarzen Kirchengemeinden als Prediger findet. Und da sind noch viel mehr Geschichten, als ich euch hier vorstellen kann.

Keine leichte Kost, es ist ein hartes Buch, aber es ist wunderbar und es macht gerade deswegen Hoffnung.

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